Für die Wissenschaft. Für Berlin.

Können wir das Gehirn verjüngen?

Mit dem Alter verändert sich die Struktur des Gehirns, das kann man sogar unter dem Mikroskop erkennen. Das lässt sich nicht rückgängig machen. Was ein alter Mensch aber möglicherweise wiedergewinnen kann, ist die mentale Leistungsfähigkeit der Jugend. Wir haben dazu ein Experiment gemacht: Wir haben mit einem Computerspiel die Lernfähigkeit in einer sich verändernden Umwelt getestet. Es zeigte sich: Die 20- bis 30-jährigen Testpersonen schnitten besser ab als die 60- bis 70-jährigen. Doch dann haben wir den Alten ein etabliertes Medikament zur Behandlung der Parkinson-Krankheit gegeben – L-Dopa – und daraufhin waren sie genauso gut wie die jungen Testpersonen. Wir wissen, dass mit dem Alter das Level des Hirn-Botenstoffes Dopamin abnimmt. Durch die Gabe von L-Dopa wird dieser Effekt ausgeglichen – und damit die jugendliche Lernfähigkeit wiedergewonnen. Das bedeutet: Bestimmte Hirnfunktionen kann man tatsächlich verjüngen. Es birgt natürlich ethische Konflikte, gesunden Menschen Medikamente zur Leistungssteigerung zu geben. Ich bin allerdings der Meinung, wenn keine gravierenden Nebenwirkungen nachgewiesen wurden: Warum nicht? Wir sollten uns unser Leben so angenehm und gut wie möglich gestalten.

Aufgezeichnet von Ragnar Vogt.

Zur Person

Der Neuropsychiater Ray Dolan ist Professor am University College London (UCL). 2014 hat er das Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research gegründet, eine Kooperation der Max-Planck-Gesellschaft mit dem UCL mit Sitz in London und Berlin. Er erforscht, wie Entscheidungen in unserem Gehirn entstehen und wie sich das Gehirn beim Altern verändert. Von 2010 bis 2014 war er Visiting Fellow der Einstein Stiftung Berlin.