Einstein-Fragebogen

Channing Der

 

Bitte schließen Sie kurz die Augen und denken Sie an die Arbeit an Ihrem Forschungsprojekt. Was sehen Sie als Erstes?

Ich denke an Menschen, die durch Bauchspeicheldrüsenkrebs einen Familienangehörigen verloren  haben. Ich sehe ihre Sorgen und die Angst, ein weiterer Angehöriger könne daran erkranken. Mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von nur acht Prozent kommt diese Diagnose einer Todesstrafe gleich. Aber ich denke auch an die Hoffnung und den Willen, den Kampf um einen geliebten Menschen nicht aufzugeben. Es gibt Vertrauen darauf, dass die Forschung Durchbrüche in der Behandlung von Bauchspeicheldrüsen-krebs erzielen wird. Das alles ist für mich eine wichtige Motivation. 


Wie erklären Sie Ihr Forschungsprojekt einem Kind?

Ich würde die Forschung mit dem Lösen eines Rätsels vergleichen, in dem es darum geht, wie unser Körper funktioniert oder warum er eben manchmal nicht so gut funktioniert, und wir müssen einen Weg finden, ihn wieder zu heilen. Dann würde ich noch sagen, dass ich sehr glücklich darüber bin, einen Beruf zu haben, in dem ich gerne arbeite. Er ist sehr bereichernd, weil ich Menschen helfen kann. 


Was überrascht Menschen am meisten, wenn Sie von Ihrer Forschung erzählen?

Dass mir die Erforschung einer derart tödlichen Erkrankung, bei der es geringe Erfolgsaussichten gibt, Freude macht. Die Tatsache, dass sich schon die klügsten Forscher an diesem Krebs die Zähne ausgebissen haben, schreckt mich nicht ab. Im Gegenteil: Das spornt mich noch mehr an. 


Mit wem würden Sie gerne für einen Tag Ihren Arbeitsplatz tauschen und was würden Sie dann tun?

Mit Roger Federer auf dem Center Court im Finale von Wimbledon. Mal abgesehen davon, dass er der größte Tennisspieler aller Zeiten ist, bewundere ich ihn für seine Ausstrahlung, seine Bescheidenheit und seine unglaubliche Beharrlichkeit. Bei diesem Sport auch im Alter von 37 Jahren noch an der Spitze mitzuspielen, ist bemerkenswert – und ein Beleg für kontinuierliche Höchstleistung.


Haben Sie irgendwelche ungewöhnlichen Hobbys oder Talente, die Sie uns verraten möchten?

Ich habe nur ganz normale Hobbys. Durch meinen Beruf bin ich zur Fotografie gekommen. In der Forschung hat man die Möglichkeit, zu vielen aufregenden Orten zu reisen. Zu Kongressen nehme ich also immer Kameras und Objektive mit. Mittlerweile habe ich 49 der 50 US-Bundesstaaten und insgesamt 48 Länder bereist. Ich habe faszinierende Landschaften, Menschen und Kulturen gesehen, die ich mit der Kamera festgehalten habe, um mich an all die Erfahrungen erinnern zu können.


Was haben Sie erst durch Ihre Forschung über das Leben gelernt?

In der Forschung scheitert man häufiger, als man Erfolg hat. Aber wenn es so einfach wäre, wenn immer alles klappen würde, dann wäre es nicht derart erfüllend für mich. Übertragen auf mein Leben außerhalb des Labors hat das dazu geführt, dass ich auch Richtungen einschlage, bei denen ich möglicherweise scheitere. Sich auf die weniger ausgetretenen Pfade zu wagen, Risiken einzugehen, all das habe ich aus den Herausforderungen in der Forschung gelernt


Was wären Sie heute, wenn Sie nicht Wissenschaftler geworden wären?

Ich wäre gerne ein Koch wie Christina Tosi, die sichtlich Spaß daran hat, neue Gaumenfreuden hervorzubringen. Ich bewundere Spitzenköche, wie sie es schaffen, Speisen zu kreieren, die nicht nur köstlich schmecken, sondern auch das Auge ansprechen. 


Gibt es einen außergewöhnlichen Gegenstand, der Sie in Ihrem Arbeitsleben oder im Alltag begleitet?

Ja, einen Basketball. Basketball ist mein Lieblingssport. Während meiner akademischen Ausbildung hat es mich immer wieder an Orte mit hervorragenden Basketballmannschaften verschlagen. In den USA gibt es eine jährliche landesweite College-Basketballmeisterschaft. Während meiner Zeit an der University of California, Los Angeles, und der University of North Carolina at Chapel Hill habe ich sieben Landesmeisterschaften im College-Basketball erlebt.


In welchem Berliner Bezirk, an welchem Ort, fühlen Sie sich besonders wohl und warum?

Ich jogge gerne an der Spree entlang. Dabei sehe ich die Stadt und ihre Einwohner aus einem ganz anderen Blickwinkel als beim Auto- oder Bahnfahren, ja selbst als beim Spaziergehen.


Womit hätten Sie in Berlin gar nicht gerechnet und was vermissen Sie?

Ich habe nicht damit gerechnet, so freundlich aufgenommen und so schnell in die Forschungsgemeinschaft integriert zu werden. Ich bin zudem immer gerne unterwegs, aber nach einer Weile vermisse ich doch die Routine und die „Eintönigkeit“ meines Alltags in Chapel Hill. 
 

Juni 2019