Neue Innovationskultur (Kramm)

II / X Das Berlin der Zukunft braucht ...

…eine neue Innovationskultur (Beatrice Kramm)

Blicke ich aus Sicht der Berliner Wirtschaft in die Zukunft unseres Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts, sagen wir ins Jahr 2030, sehe ich ein Szenario, in dem die lange Zeit eher getrennt voneinander agierenden „Welten“ Wissenschaft und Wirtschaft endlich zueinander gefunden haben. Es ist ihnen gelungen – auch mithilfe der Politik –, nahezu alle Hemmnisse und Hürden für ein sich ergänzendes Miteinander abzubauen. Berlin hat sich in Deutschland und Europa beim Thema Wissenstransfer zum Vorreiter entwickelt: Wissenschaftler und Unternehmer finden extrem schnell zueinander. Das gegenseitige Vertrauen ist sehr stark ausgeprägt. Es ist gelebter Konsens und gute Praxis, sich gemeinsam für Bildung, Forschung, Fachkräfte und Innovationen einzusetzen.

In den Ohren von Geschäftsführenden, Verantwortlichen in Forschung und Entwicklung und Mitarbeitenden in den Unternehmen klingen wissenschaftliche Projektideen und Forschungsergebnisse in diesem Zukunftsszenario nicht länger wie Science-Fiction. Berliner Unternehmen haben gelernt, ihre Fragen an die Wissenschaft mitsamt ihren Innovationsanliegen so zu formulieren, dass ihnen alle Türen der Institutionen weit offenstehen. Dieses neue gemeinsame Sprachverständnis verstärkt die Lust auf Zusammenarbeit in noch mehr Fachgebieten. Zusätzlich hat sich das früher so große Problem der unterschiedlichen „Zeitwelten“ von Laboren und Hörsälen im Vergleich zu Werkstätten und Büros quasi in Luft aufgelöst. Semesterorganisation und Projektlaufzeiten sind kein Gegensatz mehr zum schnellen Tagesgeschäft der Betriebe. Vereinfachte Förderrichtlinien, vor allem auch europäische, und massive bürokratische Verschlankungen haben dies ermöglicht. Dank vieler digitaler Anwendungen ist es im Jahr 2030 möglich, äußerst schnell und flexibel Projekte und Kooperationen aufzusetzen. Gerade mit kleinen und mittleren Unternehmen wurde so die Anzahl interessanter Wissenschaftskooperationen in wenigen Jahren mehr als verzehnfacht.

In meinem Szenario haben die deutlich verkürzten Wege bis zur Marktreife, der gesteigerte gemeinsame Ansporn und die an vielen Stellen vereinfachten Handlungsbedingungen Berlin unter die Top 3 der europäischen Innovationsstandorte katapultiert. Das Erfolgsrezept hierfür ist eine hervorragende Innovationskultur mit vorbildhaften Strukturen, Verbünden und Plattformen, die als Mega-Magnete für die internationale Wissenschaftscommunity wirken und viele Unternehmer und Gründer anziehen, die wiederum kontinuierlich für neue Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft sorgen.

Doch es gibt eine Voraussetzung für diese Idealwelt. Alle Akteure der Metropolregion müssen dafür spätestens 2020 erkannt haben, dass Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam wie Schloss und Schlüssel wirken und nur das Beste aus beiden Welten für einen anziehungskräftigen sowie starken Berliner Standort sorgt.