Einstein-Projekt „eCab“ untersucht die Potenziale, Berlins Taxibetrieb mit Elektroautos zu betreiben
Die 7000 Berliner Taxis pusten jährlich etwa 72.000 Tonnen Kohlendioxid in die Berliner Luft. Das entspricht der CO2-Emission von 24.000 Hin- und Rückflügen von Frankfurt/Main nach New York. Diese 72.000 Tonnen Kohlendioxid könnten jedoch vermieden werden, wären die Berliner Taxis Elektro-Autos, die ihren Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien bezögen. Für den Taxiunternehmer selbst ist vielleicht eine andere Zahl wichtiger: Mit zehn Litern Diesel fährt ein Berliner Taxi circa 150 Kilometer. Diese zehn Liter kosten gegenwärtig 14 Euro. „Für 150 Kilometer benötigt ein Elektroauto, das als Taxi im Straßenverkehr unterwegs ist, 16 Kilowattstunden Strom. An der Ladesäule müssten dafür 4,80 Euro bezahlt werden; eine Ersparnis also von 9,20 Euro“, sagt Joschka Bischoff, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik.
Dort untersuchen die Forscher unter Leitung von Prof. Dr. Kai Nagel in dem Projekt „eCab“, ob die Elektrifizierung des Berliner Taxibetriebs möglich ist, welche Voraussetzungen nötig sind und welche Potenziale eine solche Umstellung hinsichtlich der Minderung von Emissionen und der Wirtschaftlichkeit böte.
Als besonders innovatives und exzellentes Projekt wird „eCab“ im Programm „Einstein-Forschungsvorhaben" von der Einstein Stiftung Berlin über drei Jahre noch bis 2016 mit 291.000 Euro gefördert. Momentan werden 37 Projekte an den Berliner Universitäten finanziert.
Die Wissenschaftler um Kai Nagel fanden heraus, dass eine Umstellung des Berliner Taxibetriebs auf elektrisch betriebene Autos generell möglich ist. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, simulierten sie die Fahrten von über 3000 Taxis, die bei der Berliner Taxizentrale Taxi Berlin TZB GmbH angeschlossen sind. Die Daten für die Simulation lieferte das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt. Dort hatten die kooperierenden Wissenschaftler für ihre TU-Kollegen Echtzeit-Daten aufbereitet. „Diese gaben uns Auskunft darüber, welche Routen die Taxis an welchem Tag zu welcher Uhrzeit gefahren sind“, so Joschka Bischoff. Mit diesen Daten speisten die Wissenschaftler um Kai Nagel ihre mikroskopische Verkehrsflusssimulationssoftware MATSim (Multiagentensimulation) und fanden heraus, dass die Taxis am Tag durchschnittlich 150 Kilometer zurücklegen. Diese Strecke entspricht in etwa der, die ein gängiges Elektroauto derzeit mit einer Batterieladung erreicht, bevor es wieder an die Ladesäule muss.
„Gegenwärtig liegen weltweit nur sehr begrenzt Forschungsergebnisse über die Einsatzmöglichkeiten von Taxis mit Elektroantrieb vor. Die Verknüpfung von Taxi-Fahrten und Verkehrsflusssimulation einer konkreten Stadt wie Berlin hat es in den uns bislang bekannten Studien noch nicht gegeben. Insofern ist unsere Verknüpfung ein wirklich innovativer Ansatz“, sagt Prof. Dr. Kai Nagel. Denn die Methode der mikroskopischen Multiagentensimulation erlaube eine genaue Lokalisation jedes einzelnen Taxis zu einem beliebigen Zeitpunkt und ermögliche damit eine dynamische Zuweisung der Fahrzeuge auf neue Fahraufträge.
Zwar bieten die täglich gefahrenen Kilometer und Routen der Berliner Taxis das Potenzial, den Taxibetrieb zu elektrifizieren, so das Ergebnis der Simulation. Dennoch müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens braucht es eine ausgeklügelte Ladeinfrastruktur, zweitens geeignete E-Autos, die sich schnell aufladen lassen, und drittens eine Lösung für das Problem des hohen Energiebedarfs eines Elektroautos für die Heizung bei kaltem Wetter. Denn der mindert die Reichweite erheblich.
In der zweiten Phase ihres Forschungsprojektes gehen die TU-Wissenschaftler nun der Frage nach, wie viele Ladestationen nötig sind und wo sie sich sinnvollerweise für einen funktionierenden Taxiservice in Berlin befinden müssen. Darüber hinaus beschäftigen sich Kollegen der Universität Poznan mit dem Problem des klugen Dispatchens der Taxis, also der Zuweisung zu den Kunden. „Bisher bekommt der Kunde oftmals nicht das Taxi, welches am nahesten ist, sondern jenes, das sich zuerst in der Taxi-Zentrale von einer Fahrt zurückgemeldet hat“, so Joschka Bischoff.
Da jedoch das Szenario, dass alle Berliner Taxis mit einem Mal auf Elektroantrieb umstellen, unrealistisch ist, untersucht Bischoff, wie einzelne Taxi-Unternehmen einen Teil ihrer Flotte elektrifizieren können, besonders unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit. Denn ein E-Auto ist durchschnittlich 9000 Euro teurer als ein Pkw mit einem Verbrennungsmotor. Den hohen Anschaffungskosten steht jedoch gegenüber, dass jeder mit Strom gefahrene Kilometer billiger ist als ein mit Diesel gefahrener.
Quelle: Technische Universität Berlin