Details

Nachrichten der Einstein Stiftung Berlin


Interview mit Prof. Dr. Ursula-Friederike Habenicht

Im Interview spricht Vorstandsmitglied Ursula-Friederike Habenicht über den Wert der Wissenschaft und die Rolle der Einstein Stiftung in Berlin.
 

Warum engagieren Sie sich für die Einstein Stiftung?

Ich habe die Genese der Stiftung von Anfang an mitbekommen und finde die Arbeit der Stiftung so faszinierend, dass ich spontan „ja“ gesagt habe als 2015 die Anfrage kam Mitglied des Vorstands zu werden. Seitdem bin ich mit viel Freude dabei.

Was unterscheidet die Einstein Stiftung von anderen wissenschaftsfördernden Stiftungen?

Es ist insbesondere die Vielfalt. Die Einstein Stiftung ist in den Thematiken die sie fördert nicht begrenzt, sondern fördert fächerübergreifend exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Berliner Universitäten und der Charité.


Was bedeutet Wissenschaft für Sie? 

Einfach neugierig darauf zu sein, Dingen, Prozessen und Phänomenen auf den Grund zu gehen und schließlich Erklärungen und Beweise zu finden. Für mich ist es auch elementar wichtig, von einem Thema fasziniert zu sein und für dieses Thema zu brennen und entsprechend motiviert daran zu arbeiten. Das war in meiner persönlichen Karriere auch ausschlaggebend, denn ursprünglich wollte ich Lehrerin für Biologie und Geschichte werden, aber die Begeisterung für die Wissenschaft war dann so groß, dass ich die Studienrichtung gewechselt habe. Bei der Biologie bin ich geblieben und lehren konnte ich dann schließlich auch noch; statt Kinder habe ich Studenten unterrichtet. Und was die Geschichte anbelangt, die kommt jetzt zum Zug: seit 2013 nehme ich nicht als Lehrende, sondern als Lernende für Geschichte an einem Programm der FU Berlin teil.

Wie kann man Menschen für Wissenschaft begeistern?

Ich denke es hat ganz viel mit Transparenz zu tun. Es zu schaffen, auch dem Laien zu vermitteln, dass das nicht irgendwelche merkwürdigen Dinge sind, die in der Forschung geschehen. Das macht die Einstein Stiftung mit ihren vielen Veranstaltungen, wie Rundtischgesprächen, Vorträgen oder auch Publikationen. Und wenn ich sehe von wie vielen Menschen diese Veranstaltungen besucht werden, ist ja offensichtlich auch ein großes Bedürfnis vorhanden.

Was war ausschlaggebend für Ihre Entscheidung als Wissenschaftlerin in der Wirtschaft zu forschen?

Beim Wechsel zu Schering war es für mich wichtig, dass ich dort Forschung in einem Umfang betreiben konnte, wie es mir an der Universität nie möglich gewesen wäre. Zudem hat mich die Firma in meinem Vorhaben unterstützt zu habilitieren und mir entsprechende Freiheiten eingeräumt. Auch die Vielfalt der Thematiken hat mich angesprochen; als Endokrinpharmakologin – also in der Forschung zu Hormonen und ihren Wirkungen – habe ich bei Schering für die verschiedensten Projekte geforscht.

Was geben Sie jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit auf den Weg? 

Neugierig und offen für Neues zu sein. Ich finde es auch wichtig, dass man den Wunsch behält auch mal nach links und nach rechts zu schauen, auch wenn das bei den heutigen Curricula nicht immer leicht ist.

Was wünschen Sie der Einstein Stiftung?

Ich wünsche der Einstein Stiftung, dass sie es schafft, ihren Weg weiter zu gehen, den sie in den letzten Jahren ganz extensiv gegangen ist – in dieser Breite, Öffnung und Vielfalt der Projekte. Meiner Meinung nach ist die Stiftung heute so sichtbar, wie sie es noch nie war. Außerdem wünsche ich der Stiftung, dass sie es auch weiterhin schafft eine wirkliche Brücke zwischen den verschiedenen universitären Institutionen und außeruniversitären Einrichtungen zu sein, aber auch die Brücke zu den Laien zu sein. Ich sehe die Einstein Stiftung als besonderes Zentrum der Exzellenz für die Stadt Berlin, in dem die verschiedenen Forschungseinrichtungen zusammenfinden, und somit ganz unterschiedliche "Blicke über den Tellerrand" möglich werden verbunden mit der Chance, wissenschaftlich auch ganz neue, bisher nicht gedachte Wege zu gehen.

Wie hätte Ihr Forschungsobjekt ausgesehen, wenn es ein Kunstobjekt gewesen wäre?

Wenn ich z. B. ein Spermium oder eine Eizelle im Rasterelektronenmikroskop sehe, dann ist das für mich an sich ein riesiges Kunstwerk.

Wem würden Sie gerne mal einen Tag lang über die Schulter schauen?

Durch das Patenprogramm der Stiftung habe ich immer wieder die Möglichkeit Wissenschaftlern über die Schulter zu gucken. Mir macht es sehr viel Freude, meine wissenschaftlichen Patenkinder zu besuchen, ins Labor zu gehen, mit den PostDocs und Doktoranden zu sprechen, mir die Technik erklären zu lassen und die Möglichkeit zu haben, auch mal wieder durch ein Mikroskop zu schauen.

Gibt es einen Gegenstand der Sie im Alltag immer begleitet?

Meine Tasche. (lacht)

Die drei größten Erfindungen der Menschheit?

Es ist ganz schön schwer, das auf drei einzuschränken. Deswegen sage ich: Erfindung des Feuers, des Rads, der Schrift, der Druckkunst und der Elektrizität.

In welchem Berliner Bezirk fühlen Sie sich besonders wohl?

Natürlich fühle ich mich zuhause in Zehlendorf wohl. Dort ist der Botanische Garten, den ich besonders liebe. Aber es ist ja eine große Stadt, die viele schönen Ecken hat. An Berlin finde ich den Kontrast faszinierend: auf der einen Seite gibt es unsere schönen Wälder und die Seen und auf der anderen Seite das quirlige Leben mit einem großen Kulturangebot. Da wären etliche Plätze, die ich gerne mag: vom Gendarmenmarkt bis hin zur Philharmonie und zu unseren Museen, in denen ich mich gerne aufhalte.

Gibt es einen konkreten Ort in Berlin, den Sie mit Ihrer Forschung in Verbindung bringen?

Ja, das ist natürlich Schering und in den letzten Jahren Bayer. Das ist der Kernort gewesen, aber wir haben auch viel in die ganze Welt hinein kooperiert und insofern sind dies für mich auch Orte wie Kapstadt, wo wir eine langjährige, ganz intensive Forschungskooperation hatten und genauso Melbourne. Gerade diese Netzwerke waren für mich etwas sehr Wichtiges, denn so haben wir viele Forschungskontakte knüpfen können.

Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Berlin in 10 Jahren?

Es gibt ein Zitat von Karl Scheffler über Berlin, das ich sehr passend finde: „...die Tragik eines Schicksals, welches das aus einer wendischen Fischersiedlung zur mächtigen Millionenstadt und Reichshauptstadt emporgewachsene Berlin dazu verdammt: immerfort zu werden und niemals zu sein.“ Ich finde das schön, weil es auch heute noch immer so ist. Für Berlin wünsche ich mir, dass bei aller Individualität, die die Stadt jetzt hat – die großen Probleme von der Kita bis zur Schule und von der Infrastruktur bis zum Bauwesen – doch mal gelöst werden. Wünschenswert finde ich auch, dass Berlin trotz des typischen Chaos die liebenswerte Stadt bleibt, die sie ist. Mit all ihren Gegensätzen, vom Vorortcharakter auf der einen Seite, bis hin zu Kulturprogramm auf der anderen Seite.

Die Wissenschaft ist ein ganz großer Schatz in Berlin. Daher wünsche ich mir, dass Berlin es schafft, dieses Potenzial entsprechend auszubauen und weiterhin im Zentrum der Exzellenz zu bleiben und sich dieses Schatzes aber vielleicht auch noch mehr bewusst wird, als man manchmal den Eindruck hat. So viel wie verbal über Zusammenarbeit gesprochen wird, dem sollten durchaus noch mehr Taten folgen.


Interview: Melissa Koch

Zurück zur Übersichtsseite