Gleich zwei Einstein Visiting Fellows hielten im Juni 2013 ihre Meeting Einstein Lectures in Berlin: der Mathematiker James Sethian und der Chemiker John Hartwig, beide von der renommierten University of California in Berkeley. Fachkollegen und interessierte Laien konnten auf den Vorträgen am 14. und 26. Juli mehr über die mathematische Beschreibung von Seifenblasen und die Entwicklung neuer Katalysatoren erfahren.
James Sethian forscht in einem Grenzgebiet – im wörtlichen Sinn. Der Mathematiker versucht, die Ausbreitung von Grenzflächen, zum Beispiel bei Seifenblasen, Wellen oder Flammen vorherzusagen. Dazu muss er die Grenzen mathematisch exakt beschreiben. Bei seiner Meeting Einstein Lecture in der Urania erklärte er dem Publikum eine der numerischen Methoden, die er dafür entwickelt hat.
„Der Mathematiker Hermann Weyl hat einmal gesagt, dass die Einführung eines Koordinatensystems in die Geometrie ein Akt der Gewalt ist“, sagt James Sethian. „Aber für unser Problem ist es auf den zweiten Blick die gesuchte Lösung.“ Der Ansatz dieser Lösung besteht darin, die Fläche in ein dreidimensionales Objekt einzubeschreiben – zum Beispiel einen Kreis in einen Kegel – und dieses in einem dreidimensionalen Koordinatensystem zu repräsentieren. Diese sogenannte Level Set Methode hat den Vorteil, dass sie nicht auf Funktionen basiert und sich daher auch auf die vielen Grenzflächen anwenden lässt, die nicht als Funktion beschreibbar sind.
Die Forschungsergebnisse, die James Sethian bisher vorgelegt hat, sind vielseitig anwendbar, zum Beispiel helfen sie Tintenstrahldrucker zu optimieren oder die Augenkrankheit Retinopathie zu verstehen.
Chemiker John Hartwig entwickelt neue Katalysatoren
„Ich wollte synthetischer Chemiker werden, weil ich es schon als Kind liebte, Dinge herzustellen“, erzählte John Hartwig auf seiner Meeting Einstein Lecture im Kaiserin-Friedrich-Hörsaal. Heute gilt er als einer der 200 bedeutendsten lebenden Chemiker. 2011 gelang es dem Berliner Exzellenzcluster „UniCat – Unifying Concepts in Catalysis“ mit Unterstützung der Einstein Stiftung, John Hartwig als Einstein Visiting Fellow zu einem Teil der Berliner Wissenschaft zu machen. „In der Geschichte der Chemie haben nur wenige Forscher eine solche Bandbreite von kalatytischen Reaktionen abgedeckt und in der Tiefe erforscht wie John Hartwig“, so UniCat-Sprecher Matthias Drieß.
Die Arbeitsgruppe um John Hartwig entwickelt gezielt neue Katalysatoren – also Beschleuniger von chemischen Reaktionen. Designte Katalysatoren werden zum Beispiel benötigt, um Medikamente herzustellen, die genau an der richtigen Stelle an Moleküle im menschlichen Körper andocken; eine wichtige Rolle spielen sie auch bei der Entwicklung von Biotreibstoff.
Über die Entwicklung von einzelnen Katalysatoren hinaus versucht John Hartwig systematisch zu verstehen, wie Katalyse funktioniert – ein Ziel, das er mit den anderen UniCat-Forschern teilt. „Wir arbeiten zum Beispiel an Experimentdesigns, mit denen sich neue Katalysatoren schneller auffinden lassen“, so John Hartwig.
Text: Julia Walter