
Foto: Pablo Castagnola
Roarke Horstmeyer entwickelt Instrumente, um ins Gehirn zu schauen, Michiel Remme Computermodelle, um Hirnprozesse besser zu verstehen. Beide sind als Einstein Fellows nach Berlin gekommen. Ein gemeinsamer Spaziergang durch den Treptower Park.
Remme: Wie lange bist du jetzt schon in Berlin?
Horstmeyer: Seit Ende März, vorher habe ich in Los Angeles meine Doktorarbeit geschrieben.
Remme: Auf welchem Gebiet?
Horstmeyer: Im Fachbereich Elektro-Ingenieurwesen. Davor habe ich Physik und Computerwissenschaften studiert, aber am meisten beschäftige ich mich mit Optik. Hier in Berlin helfe ich dabei, neue Mikroskope für die Neurowissenschaften zu entwickeln.
Remme: Was sind das für Mikroskope?
Horstmeyer: Es sind Zweiphotonenmikroskope. Mit denen versuchen wir tief ins Gehirn zu schauen. Doch je tiefer man ins Gewebe vordringt, desto stärker streut das Licht und desto schwieriger wird es zu fokussieren. Schon nach wenigen Hundert Mikrometern ist das Bild ziemlich schlecht. Niemand hat bisher die Aktivität von In-vivo-Neuronen abgebildet, die tiefer als einen Millimeter im Gehirn liegen. Unser Ziel ist es, immer mehr tieferliegende Neuronen in hoher Auflösung abzubilden. Dafür entwickeln wir die Optik und verarbeiten die Daten am Computer.
Remme: Ich nutze Daten, die mit sehr ähnlichen Technologien gewonnen werden. Ich modelliere und nutze Mathematik, um die Dynamiken hinter den Prozessen der Informationsverarbeitung im Gehirn zu verstehen. Dabei schaue ich auf einzelne Neuronen oder kleine Netzwerke von Nervenzellen und untersuche, wie elektrische Ströme durch Zellmembranen fließen.
Horstmeyer: Mit unseren Mikroskopen kann man die Nervenzellen dazu bringen aufzuleuchten, wenn sie auf diese Weise aktiv sind. Man kann sie quasi strahlen sehen.
Remme: Dabei kommen wirklich schöne Bilder heraus – einzelne Zellen, die erstrahlen und wieder in der Dunkelheit verschwinden.
Horstmeyer: Teleskope haben mich schon immer fasziniert. In Kalifornien habe ich bei der Nationalen Raumfahrtbehörde gearbeitet. Wir haben Informationen aus weit entfernten Nebeln im All eingesammelt, um zu verstehen, woraus diese Nebel bestehen, wie sie wachsen und wie sie sterben. Astronomen bedienen sich vieler Tricks, die wir auch für unsere Mikroskope nutzen, um ins Gehirn mit seinen Mikrostrukturen zu schauen. Mir gefällt die Analogie, dass Neuronen den Sternen gleichen. In beide Richtungen ist es eine sehr große Herausforderung.
Remme: Berlin ist für mich neben London und Paris der interessanteste Ort für Neurowissenschaftler in Europa. Es gibt eine hohe Konzentration von Neurowissenschaftlern, die an sehr unterschiedlichen Fragen arbeiten. Für meine theoretische Arbeit ist der Exzellenzcluster NeuroCure mit seinen vielen experimentellen Gruppen besonders anregend.
Interview: Mirco Lomoth

Aktuelle und bisherige Ausgaben von ALBERT können kostenfrei bestellt werden: einsteinfoundation.de/ALBERT/bestellung
Folgen Sie uns