Überflieger

Ein Beitrag aus ALBERT Nr. 5 "Digitale Zukunft"

Sie wollen hoch hinaus und setzen dabei auf Künstliche Intelligenz. Sechs Gründer*innen von Berliner Start-ups berichten, worauf ihr Erfolg beruht, welche Pläne sie für die Zukunft haben und was sie sich für den KI-Standort Berlin wünschen

Interviews: Sonja Álvarez

Lass’ zocken, Alter

Videospiele gegen Demenz: Das Start-up RetroBrain entwickelt Games, die alten Menschen helfen, fit zu bleiben. Mitgründer Manouchehr Shamsrizi über Verantwortung, Gründergeist und den Wert des Scheiterns

 

Herr Shamsrizi, mit ihrem Start-up RetroBrain lassen Sie Senioren an Spielkonsolen kegeln und Motorrad fahren, um Demenz und Stürzen vorzubeugen. Wie sind Sie auf diesen innovativen Ansatz gekommen?

Wie Innovation fast immer entsteht: Persönliche Betroffenheit trifft Offenheit für Interdisziplinarität und die Bereitschaft zu Partnerschaften über die Grenzen der eigenen Organisation hinaus. Dazu kam dann auch bei uns ein privilegierter Zugang zu Ressourcen – von Zeit über Wissen und Erfahrung bis hin zu Kapital – wie ihn Universitäten idealerweise für Gründungen zur Verfügung stellen. Darüber wird zwar selten gesprochen, aber ich sehe dieses Bildungsprivileg als große Verantwortung – und als Auftrag, solche „innovativen Ansätze“ immer auch zum Nutzen der Gesellschaft zu entwickeln.

 

Haben ältere Patienten Berührungsängste mit der Technik?

Nicht mehr oder weniger als andere Gesellschaftsgruppen auch. Eine Erkenntnis aus den vergangenen fünf Jahren unserer praktischen Forschung: Soziales Milieu ist im Hinblick auf Technologieakzeptanz wichtiger als Generationenzugehörigkeit.

 

Sie haben in Berlin an der Humboldt-Universität studiert, waren aber auch Fellow an der Yale University und der University of Cambridge – werden Studierende dort eher zum Gründen ermutigt als hierzulande?

Im angelsächsischen Hochschulraum, besonders in den USA, ist die Wertschätzung für ausgründende Wissenschaftler besonders ausgeprägt. Zur Ermutigung trägt aber auch eine progressivere Kultur des Scheiterns bei, die uns hier in Deutschland ebenfalls helfen würde, wieder mehr Gründungen zu erleben. Wir bräuchten auch, wie in den USA üblich, eine viel größere Freiheit, zwischen Forschung und Unternehmertum zu mäandern. Immerhin sehen wir bei Investoren ein wachsendes Verständnis dafür, dass Deep-Tech-Innovationen anders funktionieren als E-Commerce-Copycats.

 

Inzwischen sind Sie als „Global Shaper“ des World Economic Forum ausgezeichnet worden, die Washington Post zählt Sie zu den prominentesten Stimmen der jungen Generation in Deutschland. An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?

Für uns als RetroBrain R&D stehen jetzt Internationalisierung und Diversifikation an, wir arbeiten an Editionen unserer therapeutisch-präventiven Games für den Einsatz bei Parkinson oder in der neurologischen Rehabilitation. Mich persönlich fasziniert ja der gesellschaftliche Fortschritt, der sich aus Wissenschaft ergeben kann. Ich freue mich daher sehr über eine neue interdisziplinäre Initiative, mit der wir die bevorstehende „zweite Quantenrevolution“ zivilgesellschaftlich und sozialunternehmerisch angehen wollen. Immerhin geht es dabei um Entwicklungen, die – in der Formulierung der Bundesregierung – für das stehen, was „nach der Digitalisierung kommt“, und dabei sämtliche Lebensbereiche so massiv beeinflussen werden, wie es vor Jahrzehnten die erste Quantenrevolution mit Laser, Magnetresonanztomografie und Computerchips getan hat.

 

Wie lautet Ihr Wunsch für den KI-Standort Berlin?

Wir sind hier – auch dank der Berlin University Alliance und Institutionen wie der Einstein Stiftung – sehr gut aufgestellt, um Forschungstransfer zum Thema KI zu ermöglichen. Ich würde mir wünschen, dass wir die regulatorischen Freiheiten und den gesamtgesellschaftlichen Diskurs schaffen, um dieses Potenzial schnell genug heben zu können, ehe Regionen mit möglicherweise anderen Werte- und Demokratieverständnissen uneinholbar in Forschung und Praxis sind. Ich meine auch, dass wir KI stärker als Querschnittsthema betrachten müssen: Von Space über Biotech bis zu politischer Partizipation spielt KI eine Rolle. Dafür muss Berlin auch mehr als heute neue, bisher überraschende Akteure zulassen – die besten KI-Programmierer habe ich bisher in der Game Developer Community erlebt – vermutlich, weil diese hochgradig intrinsisch motiviert sind.

 

RetroBrain R&D, Gründungjahr: 2014 (als Spin-off des Förder- programms EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie), Mitarbeiterzahl: ca. 30 (einschließlich Forschungs- partner), Kunden: über 100 Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser in ganz Deutschland retrobrain.de


Helfersyndrom

Die virtuelle Gesundheitshelferin Ada steht ihren Nutzer*innen rund um die Uhr mit Rat zur Seite – doch kann sie den Gang zum Arzt ersetzen? Nachgefragt bei Mitgründer und Chefwissenschaftler Martin Hirsch

 

Herr Hirsch, Sie bieten mit Ada eine virtuelle Gesundheitshelferin an. Kann Sie den Gang zum Arzt ersetzen?

Ada kann und will den Arzt nicht ersetzen. Wir verstehen uns vielmehr als Unterstützungstool für Patienten, aber auch für Ärzte. Die Komplexität in der Medizin nimmt weiter zu. Durch digitale Assistenzsysteme können große Wissensmengen besser ausgewertet und verarbeitet werden, was beispielsweise den Arztbesuch effizienter und zielgerichteter macht. Sollte etwa der Gang zum Arzt noch nicht nötig sein, kann Ada dem Nutzer empfehlen, zunächst zu Hause abzuwarten. Das kann helfen, Ärzte zu entlasten.

 

Für wen ist Ada gedacht?

Ada ist für alle gedacht, die ihre Gesundheit besser verstehen und managen wollen. Wir unterstützen aber auch Ärzte, die etwa eine zweite Meinung zu ihrer Diagnose einholen möchten. Unsere Vision ist es, personalisierte Gesundheitsversorgung für jeden zugänglich zu machen und langfristig mit KI der personalisierten Prävention zum Durchbruch zu verhelfen.

 

Wie nutzen Sie KI für die Diagnose?

Ada stellt keine Diagnosen, hilft aber, Symptome besser zu verstehen und passende Behandlungsschritte zu finden. Die KI-Technologie hinter Ada wurde von uns über einen Zeitraum von acht Jahren entwickelt und beruht auf einer Kombination aus Denken in Konstellationen und Mustererkennung. Zu Beginn nennt der Nutzer ein Symptom, das ihn beunruhigt. Ada stellt dann personalisierte und adaptive Fragen zu den Beschwerden, aber auch zu Risikofaktoren, Alter, Ort, Jahreszeit, Vorerkrankungen und in Zukunft vielleicht auch genetischen Dispositionen. Im Hintergrund durchsucht Adas KI eine medizinische Datenbank nach den wahrscheinlichsten Krankheiten, wobei sie Milliarden von Symptom- und Faktorenkonstellationen einbezieht.

 

Dabei geht es ja durchaus um sensible Daten. Sind diese bei Ihnen sicher?

Absolut. Datenschutz ist natürlich eines der ganz zentralen Themen. Unsere Sicherheitsarchitektur folgt dem Prinzip „security by design“. Es erfolgt eine strikte Trennung der persönlichen und medizinischen Daten, die ausschließlich verschlüsselt gespeichert und übertragen werden. Die Speicherung erfolgt auf ISO 27001 zertifizierten Serverzentren innerhalb der EU, die fortschrittlichste Sicherheitsstandards nach EU-Datenschutzgesetzen erfüllen. Sobald ein Nutzer seinen Account löscht, werden alle persönlichen Daten gelöscht.

 

Wie funktioniert Ihr Geschäftsmodell?

Wir kooperieren mit verschiedenen Partnern aus dem Gesundheitsbereich, etwa der Techniker Krankenkasse. Diese honorieren, wenn wir ihren Versicherten gesundheitlich valide Tipps geben, sie also beispielsweise bei Verdacht auf eine Depression an einen „TK-DepressionsCoach“ verweisen. Im Rahmen der Global Health Initiative arbeiten wir mit der Fondation Botnar und der Bill & Melinda Gates Foundation zusammen, etwa um Ada in weitere Sprachen zu übersetzen. Darüber hinaus haben wir mehr als 60 Millionen Euro von Investoren erhalten, die unsere Vision teilen.

 

Ihr Wunsch an den KI-Standort Berlin?

Mehr echte KI fordern und fördern, anstatt reines Maschinelles Lernen und Datensammlung. Künstliches Denken ist mehr als Lernen aus Daten. Denken und Intelligenz beginnen dort, wo Lernen aufhört; sie helfen uns, in unbekannten Situationen zu bestehen. Algorithmen, die bestehendes Wissen zu neuen Lösungen zusammenführen – das ist der Stoff, aus dem KI ist. Und davon brauchen wir viel mehr.

 

Ada, Gründung: 2011, Mitarbeiterzahl: mehr als 200, Kunden: u. a. Techniker Krankenkasse und Sutter Health ada.com


Ist da Wer?

Mit Spracherkennungssystemen will Parlamind-Gründerin Tina Klüwer den Kundendialog von Unternehmen verbessern. Warum sie in der Gründerszene einen Exotenstatus hat und wie sie das ändern will

 

Frau Klüwer, Sie stehen für eine seltene, dafür umso ge-ragtere Kombination: Frau, Gründerin und KI-Expertin...

Ja, diese Kombination gibt es offenbar nicht sehr häufig, was ich natürlich sehr schade finde.

 

Woran liegt das?

Darauf gibt es wohl nicht die eine Antwort, die Gründe sind vielschichtig. Aber ein wesentlicher Grund ist sicher, dass Softwareentwicklung noch immer kein besonders gutes Image hat und mit falschen Klischees verknüpft wird.

 

Und zwar mit welchen?

Dass man es immer mit nerdigen Typen zu tun hat und sich alles in dunklen Räumen abspielt – was selbstverständlich Quatsch ist. Aber um dieses Bild zu korrigieren und aufzuzeigen, wie kreativ Softwareentwicklung ist, muss schon im Kindesalter angesetzt werden. Das ist ein langwieriger Prozess, der in Deutschland dringend verstärkt angegangen werden muss.

 

Mit Ihrem Unternehmen Parlamind wollen Sie mit Spracherkennung den Kundenservice verbessern. Wie geht das?

Nehmen wir etwa das Beispiel, dass jemand eine Adressangabe ändern, einen Termin vereinbaren oder einen Kauf reklamieren möchte. Das sind Tätigkeiten, die keine hohe geistige Anstrengung erfordern, aber kostbare menschliche Arbeitszeit blockieren. Unsere KI hilft deshalb, solche Aufgaben über Spracherkennungssysteme zu steuern, sie zu sortieren und zu automatisieren. So können etwa E-Mail- oder Chat-Anfragen, die häufig wiederkehren, durch digitale Vorlagen mit nur einem Klick oder komplett automatisiert beantwortet werden.

 

Entstanden ist Parlamind aus Ihrer wissenschaftlichen Forschung heraus?

Ja, ich habe mich am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz zehn Jahre lang mit Chatbots beschäftigt. Auch heute ist es für uns wichtig, einen engen Kontakt zur Wissenschaft zu pflegen, denn im Gegensatz zu Konzernen wie Google können wir uns keine eigene Forschungsabteilung leisten, sondern sind auf Kooperationen und den Austausch mit Universitäten und Forschungsinstituten angewiesen.

 

Was ist Ihr Wunsch an den KI-Standort Berlin?

Ich finde es erschreckend, dass keine der Berliner Universitäten einen eigenen Lehrstuhl für Computerlinguistik hat, obgleich die Verarbeitung von natürlicher Sprache eine der Hauptaufgaben für Künstliche Intelligenz ist. Das muss sich ändern, wenn Berlin in der Wissenschaft eine führende Rolle im Bereich KI einnehmen will.

 

Parlamind, Gründungsjahr: 2015 (aus einem EXIST-Forschungs- projekt der Universität Potsdam), Mitarbeiterzahl: 25 bis 30, Kunden: aktuell rund 60 Unternehmen aus E-Commerce, Informations- und Kommunikationstechnik, Energiewirtschaft, Logistik und Financeparlamind.com


Da geht was!

Um Künstliche Intelligenz zu verstehen, braucht es keine zehn Doktortitel, sagt Klaas Bollhoefer. Wie er mit seinem Start-up Birds on Mars die Abwehrhaltung gegen die Technologie umkehren will

 

Herr Bollhoefer, Birds on Mars erinnert mehr an einen Songtitel als an ein KI-Start-up. Warum haben Sie den Namen gewählt?

Wir wollten tatsächlich einen Namen, der eher nach einer Band klingt als nach einem IT-Unternehmen – haben dann aber schnell gemerkt, dass er mehr bietet als den Coolnessfaktor.

 

Und zwar?

Der Mars ist das derzeit am weitesten entfernte Ziel der Menschheit; Vögel sind sehr clevere Tiere. Genau das ist unsere Vision: Wir helfen unseren Kunden, das hochkomplexe Thema Künstliche Intelligenz clever und nachhaltig anzugehen. Wir sind dabei so etwas wie ein Starterkabel.

 

Und wie kommt dieses Starterkabel zum Einsatz?

Indem wir unseren Kunden helfen, erste KI-Projekte zu realisieren, nicht nur in Bezug auf Technologie, sondern auch auf Strukturen, Prozesse und Teams. Das ist nicht so einfach, weil beim Thema KI leider noch eine große Abwehrhaltung aus dem Gefühl heraus besteht, dass man zehn Doktortitel brauche, um sie verstehen und anwenden zu können.

 

Wie schaffen Sie es, solche Vorbehalte abzubauen?

Für einen großen Konzern haben wir kürzlich zum Beispiel einen „KI-Erlebnisraum“ gebaut. In diesem verlieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Berührungsängste, sie lernen, was mit KI und Daten möglich ist – und was nicht. So wird die eigene Kompetenz erlebbar, ohne dass KI zum Allheilsbringer verklärt wird.

 

Wie bleiben Sie wissenschaftlich auf dem neuesten Stand?

Wir haben unseren Innovationsraum SOL initiiert, benannt nach dem Marstag, der 40 Minuten länger ist als ein Tag auf der Erde. Auch bei uns bekommt jeder diese 40 Minuten pro Tag, um zu lernen, zu erschaffen, zu innovieren, zu hacken, zu machen und zu überdenken. Dabei legen wir großen Wert auf einen interdisziplinä- ren Ansatz in crossfunktionalen Teams.

 

Ihr Wunsch an den KI-Standort Berlin?

Berlin ist in Deutschland sicher einzigartig, was die KI-Community angeht, schon allein wegen der Vielzahl an Start-ups. Aber ich würde mir mehr Plattformen wünschen, nicht nur virtuell, sondern auch physische Orte, an denen man sich regelmäßig austauschen kann – und das bitte nicht nur zur Ethik in der KI.

 

Birds on Mars, Gründungsjahr: 2018 (Eigengründung), Mitarbei- terzahl: 10, Kunden: Deutsche Bahn, LSG Group, Commerzbank, Stabilo u.  a.birdsonmars.com


Besserwisser

Mit seinem Unternehmen Mediaire will Gründer und Chef Andreas Lemke nicht weniger, als den Alltag von Radiolog*innen revolutionieren

 

Herr Lemke, warum brauchen Radiologen die Unterstützung eines Start-ups, um Patienten besser zu versorgen?

Nehmen wir mal häufig auftretende neurologische Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Multiple Sklerose. Will ein Arzt den Grad der Erkrankung feststellen, untersucht er das Gehirn mittels MRT. Dabei hat er die Wahl, den Befund rein optisch zu schätzen oder die Bilder manuell zu vermessen. Auf optischem Wege können kleine Veränderungen leicht übersehen werden und für die manuelle Vermessung hat in der Praxis niemand Zeit. Systeme für automatische Messungen von Hirnvolumen oder Entzündungsherden sind zwar bereits auf dem Markt, sie haben aber ihre Tücken. Entweder muss der Radiologe den Befund im Anschluss selbst erstellen oder sensible Patientendaten wegschicken, was zu Verzögerungen führt. Bisher gab es keine Lösung für diese Probleme.

 

Und wie unterstützen Sie die Mediziner?

Mit unserem System werden die Bilder nach der Aufnahme im MRT automatisch vermessen und die quantitative Auswertung der Hirnsegmente dem Radiologen direkt zur Verfügung gestellt. Die Diagnose, also welchen Grad an Alzheimer oder Multipler Sklerose der Patient hat, erhält der Radiologe dank der KI keine zehn Minuten später.

 

Dann ist die KI also besser als der Arzt?

Nein, wir verstehen uns als Intermediär. Die KI hilft den Radiologen, bestimmte Aufgaben effizienter zu erledigen. Dabei geht es aber nicht nur um Zeitersparnis, sondern auch um die Qualität des Ergebnisses, denn durch die KI sinkt die Variabilität. Ärzte würden die Ergebnisse je nach Erfahrung unterschiedlich bewerten. Die KI liefert sie schneller, akkurater und reproduzierbarer.

 

Sie haben auf dem Gebiet der Magnetresonanztomografie promoviert und Mediaire gegründet, als sie den Bedarf erkannt haben. War das eine gute Entscheidung?

Ich kann den Perspektivwechsel nur empfehlen, also aus der Forschung in die Unternehmen zu gehen. Das muss nicht dauerhaft sein, aber eine Einbahnstraße tut niemandem gut. In der Forschung ist man sehr auf Publikationen fokussiert, in der Industrie lernt man dagegen, in Produkten zu denken. Von Austausch und Kooperationen profitieren beide Seiten.

 

Ihr Wunsch an den KI-Standort Berlin?

Dass die Wissenschaft hier in Zukunft noch offener mit Start-ups zusammenarbeitet. Und dass die Stadt attraktiv bleibt für Fachkräfte, auch aus dem Ausland – denn von den guten Köpfen hängt bei uns alles ab.

 

Mediaire, Gründungsjahr: 2018 (Eigengründung), Mitarbeiter- zahl: 14, Kunden: Ihre-Radiologen.de, MVZ Radiologie Karlsruhe, Radiologische Allianz Hamburg u. a.mediaire.de


Wer bin ich?

Brighter AI anonymisiert Kameradaten mithilfe Künstlicher Intelligenz. Warum sich der Schutz der Privatsphäre und Innovation nicht ausschließen, erläutert Gründer und Chef Marian Gläser

 

Herr Gläser, Sie anonymisieren Kameraaufnahmen auf eine neue, effektive Weise. Wie geht das?

In vielen Anwendungsfällen, wie der Videodatensammlung für selbstfahrende Autos, stellt der Datenschutz eine rechtliche Grenze dar. Diese lösen wir durch ein neues Verfahren der Anonymisierung erstmals auf. Statt Gesichter zu verpixeln, wodurch die Bildrichtung oder das Alter nur noch schwerer bis gar nicht mehr zu deuten sind, ersetzen wir Originalgesichter durch künstliche. Alle Metadaten wie Alter, Geschlecht oder Ethnie bleiben für die Auswertung erhalten, jedoch nicht die Identität der Person. Damit erhalten wir den Wert der Daten für menschliches und maschinelles Verständnis.

 

Deutschland setzt im Bereich Datenschutz besonders hohe Standards. Ist das für Sie eher ein Hemmnis oder ein Vorteil?

Datenschutz ist etwas sehr Positives, da er uns vor Missbrauch schützt. Im öffentlichen Raum stellt die Gesichtserkennung hier ein besonders hohes Risiko dar. Fast jeder kennt das Gefühl, beim Surfen durch Cookies verfolgt zu werden, beispielsweise beim Googeln einer Krankheit; daraus erfolgt oft eine nachgewiesene Selbstzensur. Hohe Datenschutzstandards für Kameras sind unglaublich wichtig, damit unser Alltag nicht ebenfalls Züge von Selbstzensur bekommt.

 

Sie wurden bereits als „Europe’s hottest Start-up“ ausgezeichnet. Was ist Ihr Rat an Nachwuchswissenschaftler, die selbst Gründer werden wollen?

Gründer sollten ihre Innovationen mit größter Motivation vorantreiben, selbst wenn sie untypisch erscheinen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Anfangsgeschwindigkeit eines Start-ups aufrechtzuerhalten. Das heißt auch, jede Iteration und jeden Fortschritt am Markt zu validieren, sonst prallen lange Forschungszyklen und unzureichende Markterwartung sehr schmerzhaft aufeinander.

 

Welchen Wunsch haben Sie an den KI-Standort Berlin?

Berlin ist bereits ein attraktiver Ort für KI und Start-ups. Ich würde mich freuen, wenn das anhielte. Dafür braucht es fortwährend gute Fachkräfte.

 

Brighter AI, Gründungsjahr: 2017, Mitarbeiterzahl: 11, Kunden: Hella, Valeo, Samasource, Deutsche Bahnbrighter.ai