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Bewegung als Prinzip

Mitglieder der Forschergruppe um Visiting Fellow Neville Morley konnten dank der Unterstützung der Einstein Stiftung ihre preisgekrönten Untersuchungen publizieren.


Dr. Seth N. Jaffe, Visiting Scholar der Forschergruppe „Bewegung als Prinzip“ um Einstein Visiting Fellow Neville Morley, und Hans Kopp, Projektkoordinator dieser Gruppe, konnten dank der Unterstützung durch die Einstein Stiftung ihre Forschungsergebnisse an prominenter Stelle publizieren. Beide Untersuchungen sind mit dem athenischen Historiker Thukydides einem antiken Autor gewidmet, dessen Werk bzw. die davon ausgehenden intellektuellen Impulse grundlegend für die Forschungsfragen der Gruppe sind: Thukydides beschreibt in seinem Werk den Krieg zwischen Athen und Sparta (431–404 v. Chr.) als die „größte Bewegung“ der Geschichte überhaupt, und davon ausgehend fragt die Forschergruppe nach der Bedeutung dieses Konzeptes für die antike Analyse politisch-gesellschaftlichen Wandels.

Seth Jaffes Untersuchung, die während seiner Mitarbeit in der Forschergruppe fertiggestellt wurde und von der gemeinsamen Projektarbeit immens profitierte, wurde unter dem Titel Thucydides on the Outbreak of War: Character and Contest bei Oxford University Press publiziert. Das Buch befasst sich mit einer von Thukydides angestoßenen, immer aktuellen Frage: Warum entstehen kriegerische Konflikte zwischen Großmächten und wie „unvermeidbar“ sind sie? In seiner politisch-psychologischen Untersuchung von Buch 1 bei Thukydides, in dem die Entstehung des Krieges geschildert wird, kann Jaffe verdeutlichen, dass der athenische Historiker vor allem die grundsätzlich verschiedene psychologische Haltung beider Seiten als den Grund des Krieges zwischen Athen und Sparta ausmachte, was auf Thukydides’ Interesse am Zusammenhang von Natur und Konvention verweist. Durch diese Deutung wird ersichtlich, wie eng verbunden im politischen Denken des antiken Historikers die konkrete historische Entwicklung und universellere Themen waren – genau die Aspekte also, die seine 2400 Jahre alte Analyse noch heute so faszinierend und auch relevant erscheinen lassen.

Hans Kopps Buch Das Meer als Versprechen. Bedeutung und Funktion von Seeherrschaft bei Thukydides ist die publizierte Version seiner Dissertation von 2015, die mit dem Bruno-Snell-Preis 2017 der Mommsen-Gesellschaft als beste altertumswissenschaftliche Qualifikationsarbeit ausgezeichnet wurde. Es erscheint, mit Unterstützung der Einstein Stiftung, als erster Band der Thoukydideia, einer neuen Reihe von Thukydides-Studien, die als Teil der gemeinsamen Projektarbeit bei Vandenhoeck & Ruprecht verlegt wird. Im Mittelpunkt der Untersuchung Kopps steht die Frage, welche Bedeutung „Seeherrschaft“ bei Thukydides zukommt, wird doch das Werk des athenischen Historikers oft als eine Art Manifest der maritimen Macht begriffen. Wie Kopp zeigen kann, steht bei Thukydides jedoch vielmehr die mitunter verführerische Überzeugungskraft des Versprechens maritimer Überlegenheit im Mittelpunkt: Es ging dem athenischen Historiker nicht primär um die Wertung solcher Macht, sondern um die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Möglichkeiten und den Versprechen derjenigen, die die Grenzen des Möglichen ausblendeten, um von ihren Positionen zu überzeugen.

Beide Bücher hätten in ihrer schlussendlichen Form nicht ohne die Unterstützung der Einstein Stiftung gelingen können. Und beide tragen auf ihre Art dazu bei, der weiteren Arbeit der Forschergruppe neue Anregungen und Impulse zu verleihen.