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Wissenschaft passiert zwischen den Menschen

Am 16.9. war Nobelpreisträger und Einstein BIH Visiting Fellow Thomas Südhof zu Gast im Café Einstein Unter den Linden. Die Gesprächsrunde bildete den Auftakt für das Veranstaltungsformat "Einstein meets ..." der Einstein Stiftung Berlin.

Ein voller Saal zur Nachmittagsstunde. Wenn die Gäste gebannt sogar im Flur stehend in den Veranstaltungsraum schauen, sind die Erwartungen hoch. Und sie wurden erfüllt. Am 16.9. durfte die Einstein Stiftung Berlin den Nobelpreisträger und Einstein BIH Visiting Fellow Thomas Südhof zu einer Gesprächsrunde im Café Einstein Unter den Linden begrüßen.

Die Leitung des Gesprächs oblag Frau Dr. Marion Müller, Geschäftsführerin der Einstein Stiftung Berlin, und Gerald Uhlig-Romero, Gründer und Inhaber des Café Einstein Unter den Linden. Nachdem der in den USA lebende und an der Stanford Universität forschende Neurowissenschaftler Südhof von Applaus begleitet in den Raum trat, setzte er sich mit einem Lächeln im Gesicht auf seinen Stuhl, und das Gespräch konnte beginnen.

Die Freude an seiner Forschungstätigkeit schwang in jedem Satz mit, als er erläuterte, wofür er den Nobelpreis im Jahr 2013 bekommen habe. Es sei eine neue Lebenserfahrung gewesen, die ihn sehr ehre, aber keinen Endpunkt bedeute. Wenn man seine Materie beherrschen wolle, müsse man immer und immer wieder dasselbe tun, wie beim Üben einer Tonleiter. Es sei aber auch wichtig, über dem Gelernten zu stehen und sich selbst zu erlauben, einmal aus der Materie auszubrechen, und sich diese von außen anzuschauen. Wissenschaft passiere zwischen den Menschen: In der Wissenschaft sei die Situation heute eine andere als sie damals für Albert Einstein war. Einstein habe viele Ideen ganz allein in seinem Büro entwickelt. Heute würden Fortschritte erzielt, indem man miteinander spreche.

Kommunikation spielt auch in der Zusammenarbeit mit dem an der Charité Berlin ansässigen Rosenmund Lab eine entscheidende Rolle, mit dem das Stanforder Südhof Lab gemeinsam an der Fehlfunktion von Synapsen forscht. Im Rosenmund Lab kommen Techniken zur Anwendung, mit deren Hilfe Synapsen sichtbar gemacht werden können. Wenn hier eine Nervenzelle in der Petrischale angeregt wird, lässt ein Hochdruckgefriergerät den Prozess innerhalb von Millisekunden erstarren. In diesem Moment ertönt ein lauter Knall. Die Vesikel in flagranti zu erwischen sei nicht nur optisch befriedigend, beschreibt Südhof freudestrahlend diesen Prozess.

Auf die Frage nach Unterschieden in den Wissenschaftssystemen der USA und Deutschland hin betonte Südhof die Bereitschaft der Amerikaner, frei zu reden und Austausch möglich zu machen. Er habe davon profitiert, Menschen begegnet zu sein, die über andere Qualitäten verfügten als er selbst. Das habe ihn auf seinem wissenschaftlichen Weg unterstützt. Einzelne Einheiten und Labore in Deutschland seien teilweise stark isoliert, was sich negativ auf die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen auswirke. Dafür habe es Deutschland aber verstanden, Probleme langfristig zu behandeln, und den finanziellen Aspekt einzubeziehen. Das Fazit seiner Ausführungen in einem Satz: Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, man muss im Sinne des Projektes stets das Beste daraus machen.

"Das Gespräch mit Prof. Südhof war nicht nur informativ und unterhaltsam, sondern inspirierend zugleich. Die Leichtigkeit und Freude, mit der er über seine Arbeit spricht, zeigt, wie sehr er liebt, was er tagtäglich tut. Seine Antworten im "Einstein Fragebogen" machen dies deutlich. Es ehrt die Einstein Stiftung Berlin, einen so herausragenden Wissenschaftler zu fördern. Wir hoffen auf viele weitere Begegnungen, bei denen wir noch mehr über die Kommunikationsfähigkeit der Zellen von ihm erfahren dürfen", resümiert Marion Müller im Anschluss an die Gesprächsrunde.