Albert fragt ...

Ein Beitrag aus ALBERT Nr. 9 "Wasser"

Können Pilze helfen, Schadstoffe im Wasser abzubauen?

Antwort: Hans-Peter Grossart

 

Pilze können schwer abbaubare Substanzen zersetzen, weil sie Enzyme haben, die deren Moleküle aufbrechen können. So sind sie in der Lage, Rückstände von teils giftigen Azofarbstoffen abzubauen, Nitrat aus Düngemitteln oder krebserregende Polychlorierte Biphenyle (PCB).


Viele dieser Abbauprozesse geschehen durch Syntropie mikrobieller Mischgesellschaften. Das bedeutet, dass Mikroorganismen bestimmte Stoffwechselprodukte füreinander herstellen. Ein Pilz besorgt zum Beispiel den ersten Abbauschritt, ein Bakterium den nächsten.
 

Einige Pilze schaffen es sogar, Mikroplastik abzubauen, auch jenes, das durch Reifenabrieb entsteht und Schwermetalle enthält. Allein Deutschland gelangen davon jährlich rund 300.000 Tonnen in die Gewässer. Die Pilze verwerten die leicht abbaubaren Zucker im Mikroplastik und schützen sich vor den giftigen Substanzen, indem sie diese wieder aus der Zelle herauspumpen.


Im Grunde ist es in der Umwelt so, dass fast immer spezialisierte Mikroorganismen zur Stelle sind, um eine Substratquelle abzubauen. Wenn der Mensch allerdings zu viele Schadstoffe in ein Gewässer einleitet, kann das Gleichgewicht der Mikroorganismen gestört werden, wodurch wichtige Umweltfunktionen beeinträchtigt sind.
 

In Kläranlagen kommen Pilze und Bakterien unter kontrollierten Bedingungen für die Wasseraufbereitung zum Einsatz. Bisher ist aber nur etwa ein Prozent aller Pilze im Wasser überhaupt bekannt. Mit molekularbiologischen Methoden können wir heute ihr gesamtes Genom anschauen, um zu erkennen, was sie potenziell abbauen können. So ist es gut möglich, dass den Pilzen in Zukunft eine sehr viel bedeutsamere Rolle beim Schadstoffabbau zukommt, da sie über nahezu unerschöpfliche Methoden des Stoffwechsels verfügen.

Expert:in

Der Mikrobiologe Hans-Peter Grossart ist Professor am Institut für Biochemie und Biologie der Universität Potsdam und Leiter der Forschungsgruppe „Aquatische mikrobielle Ökologie“ am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin.

Stand: März 2024