Auf dem Gebiet der anorganischen Massenspektrometrie ist Detlef Günther einer der besten Köpfe weltweit. Im April 2013 kam der renommierte Professor für Spurenelement- und Mikroanalytik von der ETH Zürich für zwei Jahre nach Berlin. Der deutsche Chemiker hat an der neuen School for Analytical Sciences (SALSA) eine Forschungsgruppe geleitet und damit den Einfluss der interdisziplinären Graduiertenschule auf seinem zukunftsträchtigen Fachgebiet erhöht.
»Wir erleben jeden Tag einen Tatort im Labor«
Elemente nachzuweisen ist wie Kriminalistik für mich. Wir erleben jeden Tag im Labor unseren Tatort. Statt nach dem Täter zu fahnden, suchen wir nach den Elementen. Wir entwickeln Instrumente und Methoden für die Spurenelementanalytik. Das heißt, wir versuchen in flüssigen, festen und gasförmigen Proben die Elemente nachzuweisen.
Dazu verdampfen wir sehr kleine Probenmengen mit einem Laserstrahl und führen das entstehende Aerosol – kleine Partikel – einer ungefähr 8.000 Grad heißen Plasmaquelle zu, in der es atomisiert und ionisiert. Mit Massenspektrometrie können wir die Elemente und die Isotopen-zusammensetzung dann bestimmen. Die von uns entwickelten Geräte und Methoden werden heute in vielen geologischen Instituten eingesetzt. Die Empfindlichkeiten dabei sind sehr hoch: Einen Silberfranken im Stahl des Eiffelturms versteckt, könnten wir in einer Probe von nur einem Milligramm nachweisen.
Als Analytiker stehen wir an der Schnittstelle zu vielen anderen Wissenschaften, je mehr Grundlagenforschung wir machen, desto mehr Anknüpfungspunkte finden sich. Das macht es extrem spannend. Wir haben zum Beispiel ein portables Lasergerät entwickelt, um Proben von großen Objekten entnehmen zu können. Man führt es wie bei James Bond in einem Koffer mit sich. Das eröffnet völlig neue Anwendungsgebiete, etwa für Museen, die uns ihre Ausstellungstücke nicht schicken können. Wir können so etwa die Herkunft der Farbpigmente in der chinesischen Terrakotta-Armee untersuchen.
Bei unserem Einstein-Projekt geht es um die Quantifizierung von Nanoteilchen, deren Wirkung auf Mensch und Umwelt weltweit ein großes Thema ist. Nanomaterialien werden heute überall eingesetzt, zum Beispiel in antibakteriellen Socken, die bei jedem Waschgang Hunderttausende Silber-Nanoteilchen ins Abwasser abgeben. Meine Doktorandin in Berlin arbeitet derzeit an einer Probeneinführung für Flüssigkeiten. Wir wollen die Anzahl und Größe der Nanoteilchen im Abwasser von Kläranlagen bestimmen. Es ist wichtig, solche Partikel auf ihre Verbreitung in der Natur und ihre Schädlichkeit hin zu untersuchen.
Kaum jemand kann sich die Umweltverschmutzung vorstellen, die ich gesehen habe, als ich 1986 für ein Betriebspraktikum bei den Buna-Werken in Schkopau war. Damals konnte niemand in Saale oder Elbe baden. Das hat mich motiviert, im Bereich Analytik zu arbeiten. Mir war klar, wenn ich Verfahren lerne und weiterentwickle, mit denen man umweltschädliche Elemente nachweisen kann, werde ich garantiert etwas Sinnvolles tun.
Interview: Mirco Lomoth
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