Pressemitteilung

30. September 2019

Neue Ideen für die Krebsforschung in Berlin

Die Stiftung Charité hat in der Herbstsitzung ihres Wissenschaftlichen Beirats die Förderung von sechs Einstein BIH Visiting Fellows beschlossen. Mit diesem Programm werden führende Persönlichkeiten von renommierten Universitäten im Ausland zeitweise nach Berlin eingeladen, um in der Hauptstadt Arbeitsgruppen zu aktuellen lebenswissenschaftlichen Forschungsthemen ins Leben zu rufen. Sie arbeiten dabei mit Gastgeberinnen und Gastgebern des Berlin Institute of Health (BIH), der Charité und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin zusammen. Die Stiftung Charité führt das Programm in enger Kooperation mit der Einstein Stiftung Berlin durch. Insgesamt werden nunmehr bereits 21 Einstein BIH Visiting Fellows mit ihren Arbeitsgruppen in Berlin finanziert, unter ihnen auch drei Nobelpreisträger. Bei den jüngsten Auswahlentscheidungen wurden vor allem Vorhaben der Krebsforschung gewürdigt. 

Zu den neu ausgezeichneten Einstein BIH Visiting Fellows gehört Professor Dr. Chris Sander. Er ist Professor für Zellbiologie an der Harvard Medical School (USA), weltweit führend im Bereich der computergestützten Krebsforschung und einer der Begründer der Perturbationsbiologie - einem Gebiet, das die Reaktionen von Zellen auf bestimmte Störungen mithilfe von Computersimulationen vorhersagen möchte. Seine neue Arbeitsgruppe in Berlin wird sich in den nächsten Jahren die Möglichkeiten von neuen Methoden der Einzelzellanalysen zunutze machen, um die Wirksamkeit von Medikamenten bei der Behandlung unterschiedlicher Tumore abschätzen und individuell verbessern zu können. Hierfür sollen unter anderem Organoide aus Gewebeproben von Krebspatienten erzeugt und deren Behandlungsmöglichkeiten bis auf die Ebene von Einzelzellen analysiert und simuliert werden. Dabei wird er eng mit seinem Gastgeber, dem Bioinformatiker Professor Dr. Nils Blüthgen vom Institut für Pathologie der Charité und IRI Life Sciences zusammenarbeiten. Von Seiten des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin beteiligt sich der Zellbiologe Professor Dr. Markus Landthaler.

Auch die Arbeitsgruppe des neuen Einstein BIH Visiting Fellows Professor Dr. Rogier Versteeg wird sich der Krebsforschung widmen. Der niederländische Professor für Genetik leitet an der Universität Amsterdam die Klinik für Onkogenomik und ist Preisträger des Europäischen Forschungsrates (ERC Advanced Grant). Zusammen mit Einstein-Professorin Dr. Angelika Eggert, Direktorin der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité, möchte er einen wichtigen Schritt auf dem Gebiet der Neuroblastomforschung machen. Beim Neuroblastom handelt es sich um eine Krebserkrankung, die bereits im Kindesalter auftreten kann und besonders tückisch ist, weil einige der Tumorzellen in einem unreifen Stadium verharren können, in dem sie auf die üblichen Chemotherapien nicht ansprechen und – unerkannt – nach einiger Zeit zu schwerwiegenden Rückfällen führen. Die Arbeitsgruppe um Rogier Versteeg und Angelika Eggert möchte hier eine neue Kombinationstherapie entwickeln, mit der insbesondere die erhebliche Anpassungsfähigkeit (die sogenannte "Plastizität") des Neuroblastoms angegriffen werden kann, um diesen häufig tödlichen Tumor effektiver als bisher behandeln zu können. Sie greifen dabei ebenfalls auf moderne medizinische Technologien wie die Hochdurchsatzsequenzierung oder die Nutzung von 3D Organoiden zurück.


Beide neuen Fellows werden von der Stiftung Charité mit insgesamt 450.000 Euro über drei Jahre gefördert. Darüber hinaus wurden vier Einstein BIH Visiting Fellows neu bewilligt, die die Stiftung Charité bereits in den vergangenen drei Jahren gefördert hat. Die folgenden Fellows und Gruppen werden nochmals für weitere zwei Jahre finanziert:

Professor Dr. David Gutmann (Washington University School of Medicine in St. Louis, USA) mit seiner Arbeitsgruppe zur Rolle von Mikrogliazellen bei Erkrankungen des Gehirns (Gastgeber: Prof. Dr. Helmut Kettenmann, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin),

Professor Dr. Brian Kobilka (Stanford University, USA) mit seiner Arbeitsgruppe zu G Protein-gekoppelten Rezeptoren (Gastgeber: Prof. Dr. Axel Radlach Pries und Prof. Dr. Peter Hildebrand, Charité), 

Professor Dr. Stefan G. Tullius (Brigham and Women's Hospital & Harvard Medical School, USA) mit seiner Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines Transplantationsprogramms für ganze Gewebe wie insbesondere des Uterus' oder der Hand (Gastgeber: Professor Dr. Johann Pratschke, Charité) und 

Professor Dr. Mario Nicodemi (Universität Neapel, Italien) mit seiner Arbeitsgruppe zu Genomvarianten und ihrem Einfluss auf die Chromosomenarchitektur (Gastgeberin: Professorin Dr. Ana Pombo, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin). 

Die Einstein Stiftung fördert Wissenschaft und Forschung in und für Berlin auf internationalem Spitzenniveau – und das seit mehr als zehn Jahren. Mit ihren fächer- und institutionenübergreifenden Förderformaten stärkt die Stiftung den Wissenschaftsstandort Berlin langfristig. Insgesamt 135 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – unter ihnen drei Nobelpreisträger – 66 Projekte und sechs Einstein-Zentren wurden bislang gefördert. 

Für die Wissenschaft. Für Berlin.