Pressemitteilung

21.12.2021

Rund 19 Millionen für Forschungen in den Neurowissenschaften, in der Philosophie und in der Infrastrukturpolitik sowie für die Fortsetzung von Einstein-Zentren

Die Einstein Stiftung fördert zukünftig internationale Wissenschaftler als Einstein Visiting Fellows an den Berliner Universitäten mit Schwerpunkten im Bereich der Schlaganfallmedizin, der Stochastik, der auditiven Neurologie und der Philosophie. Neu in der Förderung sind außerdem ein Einstein-Forschungsvorhaben zur Rolle des Wasserstoffs für die Energiewende, ein weiteres Vorhaben zur neuronalen Grundlage der Schizophrenie, ein fachübergreifender Einstein-Zirkel zum Konzept des "Anderen" sowie neun Fellows im Programm Wissenschaftsfreiheit. Zudem sollen die Einstein-Zentren in den Neurowissenschaften, in der Katalyseforschung und zur interdisziplinären Erforschung der Zeit (Chronoi) weitergefördert werden. Die Summe aller Bewilligungen beläuft sich auf insgesamt rund 19 Millionen Euro bis 2025.

In der Personenförderung unterstützt die Einstein Stiftung zukünftig folgende Wissenschaftler als Einstein Visiting Fellows:

Alastair Buchan, Schlaganfallmedizin, University of Oxford/Charité - Universitätsmedizin Berlin 

Der Professor für Schlaganfallmedizin von der University of Oxford wird künftig mit seiner Expertise die Charité – Universitätsmedizin am Centrum für Schlaganfallforschung Berlin bereichern und mit dem Exzellenzcluster NeuroCure sowie dem Neurologen und Einstein Junior Fellow Philipp Mergenthaler zusammenarbeiten. Es sollen neue neuroprotektive Therapien erforscht werden, also Behandlungsstrategien und Medikamente entwickelt werden, um nach einem Durchblutungsausfall im Gehirn das Absterben weiterer Nervenzellen zu verhindern. Die in diesen Fällen am besten bewährte Methode ist Hypothermie, das künstliche Herabsenken der Körpertemperatur. Welche molekularen Mechanismen bei der sogenannten hypothermischen Neuroprotektion zur Behandlung eines Schlaganfalls eine Rolle spielen und wie dies mit dem Glukosestoffwechsel im Gehirn zusammenhängt, wird die Forschungsgruppe an der Charité untersuchen. Ein weiteres Ziel des Fellowships von Alastair Buchan ist es, eine internationale Akademie für die nächste Generation klinischer Wissenschaftler*innen in der neurologischen Gefäßforschung zu gründen und die Zusammenarbeit zwischen Spitzenforschenden aus Oxford und Berlin zu intensivieren.

Gary Froyland, Mathematik, University of New South Wales/Freie Universität Berlin

Der Professor für Mathematik von der University of New South Wales (Australien) will mithilfe mathematischer Modellierungen die Vorhersagbarkeit von komplexen dynamischen Phänomenen in den Ozeanen und der Atmosphäre sowie in der Gesellschaft erkunden. Um zwischen diesen stark unterschiedlichen Feldern eine Brücke zu schlagen, wird Froyland gemeinsam mit Fachkolleg*innen von der Freien Universität Berlin eine übergreifende mathematische Abstraktion der Themen erforschen. Die Wissenschaftler*innen wollen untersuchen, wie atmosphärische Wirbel und Ozeanströme sich herausbilden und wieder verschwinden und somit ungelöste Fragen der Strömungsdynamik angehen. Ferner will Froyland auch prüfen, inwieweit man derartige Methoden für das Entstehen oder den Zerfall sozialer Kohärenz übertragen könnte.

David McAlpine, Neurowissenschaften, Macquarie University/Charité – Universitätsmedizin Berlin 

Im Zentrum des Projekts des Professors für auditive Neurologie von der Macquarie University in Sydney (Australien) steht eine Form des Lernens, die primär über die akustische Wahrnehmung erfolgt und als Statistisches Lernen bezeichnet wird. Dieser unbewusste Prozess vollzieht sich im Gehirn fortlaufend, indem die Umgebung wahrgenommen und automatisch auf Informationen gescannt wird. So lernt es, wichtige Signale von Hintergrundrauschen zu unterscheiden. Das Team um McAlpine und Livia de Hoz (Charité – Universitätsmedizin Berlin) wird in Assoziierung mit dem Sonderforschungsbereich „Mechanismen und Störungen der Gedächtniskonsolidierung“ die neuronalen Strukturen des auditiven Gehirns von Mäusen aufzeichnen und die Geräuscharten untersuchen, die statistisches Lernen ermöglichen. Der Fokus liegt dabei auf den neuronalen Schaltkreisen und Zellmechanismen. Auch das gehörgesteuerte Lernen beim Menschen wird die Gruppe erforschen, um die Methoden zur Diagnose von Legasthenie, Aufmerksamkeitsstörungen und Autismus zu verbessern und neue Behandlungen zu entwickeln. Neben einem besseren Verständnis der kognitiven Funktionsweisen von Lernen und Gedächtnis könnten auf dieser Grundlage auch neue Technologien für Hörgeräte entwickelt werden.

 

Alva Noë, Philosophie, University of California/Freie Universität Berlin

Im Rahmen seines Projekts „Reorganizing Ourselves“ will der Professor für Philosophie und Kognitionswissenschaften von der University of California, Berkeley (USA) an der Freien Universität Berlin Gemeinsamkeiten zwischen Kunst und Philosophie als Reflexionsformen untersuchen. Dafür begreift er beide als Praktiken des Um- und Neuordnens historisch-kultureller Zusammenhänge und untersucht sie als kreative Mittel, die dazu dienen, das Selbst zu ergründen und Möglichkeiten der Veränderung zu erkunden. Dafür stützt sich Alva Noë auf den Begriff des Entanglements (Verschränkung/Verflechtung) der Wissenshistorikerin Donna Haraway. Die reorganisierenden Strategien in Philosophie und Kunst wird der Forscher mit seinem am DFG-Graduiertenkolleg „Normativität, Kritik, Wandel" angesiedelten Team anhand bestimmter Schwerpunkte analysieren, unter anderem mit Blick auf die unterschiedlichen Arten des Entanglements, die jeweils in der Philosophie und in den Künsten realisiert werden, mit Blick auf konkrete Praktiken sowie auf den Mehrwert ästhetischer und philosophischen Reflexionen.

Das Einstein Visiting Fellowship von Peter Schröder, Computergrafik-Experte vom California Institute of Technology (USA) wurde bis 2023 verlängert.

Im Programm Wissenschaftsfreiheit fördert die Stiftung neun weitere internationale Forschende für bis zu zwei Jahre als Einstein Junior Fellows oder Einstein Guest Researchers.

Folgende Einstein-Forschungsvorhaben werden künftig gefördert:

Mit dem Projekt „Open-source modeling of the future role of renewable hydrogen in Germany and Europe“ erforscht ein Team des Fachgebiets Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik an der Technischen Universität Berlin zusammen mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), welche Rolle erneuerbarer Wasserstoff für die Energiewende in Deutschland spielen wird und wie dieser dazu beitragen kann, das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Der Ökonom Christian von Hirschhausen von der Technischen Universität leitet das Projekt; daneben sind als Principal Investigators der Infrastrukturforscher Konstantin Löffler (ebenfalls Technische Universität) sowie Franziska Holz und Wolf-Peter Schill aus der Abteilung Energie-Verkehr-Umwelt des DIW beteiligt. Die Gruppe wird mithilfe von digitalen, open-scource-basierten Rechenmodellen unter anderem den Fragen nachgehen, wie viel Wasserstoff hergestellt werden muss, um eine Dekarbonisierung auf nationalem sowie auf europäischem Level zu erreichen und wie sich eine Umstellung auf erneuerbaren Wasserstoff auf die Elektrizitätsspeicherung auswirken würden. Zudem befasst sich das Team mit der Problematik, wie die Bedürfnisse eines flexiblen Energiesektors einerseits und der Anspruch auf Energieeffizienz andererseits miteinander auszuhandeln wären. Auch die Stärkung internationaler Forschungskooperationen wird angestrebt, unter anderem mit der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim und der American University in Washington, D.C.

Das Vorhaben „Using Computational Modelling to Understand Large-Scale Networks and Circuit Dysfunctions in Schizophrenia“, das Peter Uhlhaas, Professor für Früherkennung und Frühintervention psychischer Erkrankungen an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, leiten wird, untersucht die neuronalen Grundlagen von Schizophrenie. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Rolle Veränderungen bestimmter Neurotransmitter-Systeme für die Entwicklung der Krankheit haben. Da die Ursachen schizophrener Störungen bis heute nicht ausreichend geklärt sind, ist auch die Behandlung begrenzt: Während etwa Halluzinationen durch Medikamente reduziert werden können, bleiben weitere häufige Begleiterscheinungen wie Antriebsschwäche, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme der Patient*innen schwer zu behandeln. Um die Schizophrenie in Zukunft besser therapieren zu können, strebt Uhlhaas in Zusammenarbeit mit einem Team der Technischen Universität ein fundiertes Verständnis der biologischen Mechanismen der Krankheit an. Dafür nutzt er Neuroimaging-Verfahren in Kombination mit einer innovativen Gehirnsimulationsplattform, die es erlaubt, elektrophysiologische Daten auf die zugrundeliegenden neuronalen Schaltkreise und beteiligten Neurotransmittersysteme zurückzuführen.

 

In die Strukturförderung der Stiftung wurde ein neuer Einstein-Zirkel aufgenommen:

Der Einstein-Zirkel „Exploring otherness on Earth and beyond: Integrating perspectives fromnatural sciences, social sciences and humanities“ zielt auf das Verstehen des „Anderen“ aus naturwissenschaftlicher, sozial- und geisteswissenschaftlicher Perspektive. Ziel ist es in einem multidisziplinären Ansatz diese unterschiedlichen Perspektiven auf das Andere zu integrieren. In der gemeinsamen Arbeit sollen die Grundlagen für das Verständnis von und den Umgang mit jener Andersartigkeit geschaffen werden, die uns zukünftig in Form von Naturkatastrophen, der Besiedlung von anderen Planeten und außerirdischem Leben begegnen wird. Wie werden solche Ereignisse unser Leben und unser Selbstverständnis als Menschen beeinflussen? Welche Rolle spielt dafür die Kommunikation in den Medien? Die Hoffnung und gut begründete Erwartung der Geo- und Planetenwissenschaften, recht bald außerirdisches Leben und Habitate zu entdecken, sowie die Bedrohung durch Naturkatastrophen stellen große Herausforderungen an unsere menschliche Gemeinschaft. Die langjährige Forschung der Sozial- und Geisteswissenschaften zu den psychologischen, sozialen, politischen und religiösen Dimensionen bei der Begegnung mit dem Anderen bietet Erkenntnisse, die uns helfen können, uns auf diese Szenarien vorzubereiten.

 

Außerdem werden mit insgesamt rund 13,7 Millionen Euro die Einstein-Zentren Neurowissenschaften (bis 2025), Katalyse (bis 2025) und Chronoi (bis 2025) weiter gefördert.
 

 

Die Einstein Stiftung Berlin ist eine gemeinnützige, unabhängige und wissenschaftsgeleitete Einrichtung, die als Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet wurde. Sie fördert Wissenschaft und Forschung fächer- und institutionenübergreifend in und für Berlin auf internationalem Spitzenniveau – und das seit über zehn Jahren. Rund 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – unter ihnen drei Nobelpreisträger – über 70 Projekte und sieben Einstein-Zentren wurden bislang gefördert.