Juri Rappsilber

Juri Rappsilber ist eine Pionierleistung auf dem Gebiet der Proteinforschung gelungen: Der Einstein-Professor für Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin hat ein Verfahren entwickelt, mit dem er das Zusammenwirken der Makromoleküle aufklären kann. Damit erlangte der Wissenschaftler auf seinem Fachgebiet eine international führende Rolle. 2010 nahm er eine Professur an der Universität von Edinburgh an. Als Einstein-Professor kehrte er ein Jahr später an die TU zurück, wo er 1995 sein Diplom in Chemie erwarb.

 


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»Proteine sind die Liebe meines Forscherlebens«

Die große Liebe meines Forscherlebens ist es, Proteine mittels Massenspektrometrie zu analysieren. Wie der Künstler Pinsel und Farbe, so liebt auch der Wissenschaftler seine Werkzeuge. Mir macht es Spaß, mit Massenspektrometern und ihren Daten zu arbeiten und das Leben auf molekularer Ebene zu erkunden.

Proteine sind sehr komplizierte und vielfältige Moleküle, letztlich sind es die Bausteine des Lebens. Wir untersuchen Proteine, indem wir sie in Einzelteile zerlegen und diese Bruchstücke im Massenspektrometer wiegen.

Um die Funktionen von Proteinen zu verstehen, müssen wir auch ihre Beziehungen untereinander aufklären. Mit der gegenwärtigen Technologie ist das leider sehr aufwendig. Unsere neue Technologie soll es so sehr vereinfachen, dass wir ganze Proteinnetzwerke im Detail beschreiben und ihre Veränderungen verfolgen können. Wir verknüpfen Proteine dazu mit einem kleinen Trick, indem wir benachbarte Punkte in einem Protein oder in zwei interagierenden Proteinen chemisch miteinander verbinden. Spuren der drei-dimensionalen Struktur und der Interaktionen bleiben damit auch in den Bruchstücken erhalten, welche wir im Massenspektrometer untersuchen. So können wir erkennen, ob sich zwei Proteine quasi die linke Hand geben oder die rechte.

Eines Tages würde ich gerne die Interaktionen aller Proteine in einer Zelle verfolgen, sie wie in einem Film betrachten können. Das würde uns einen umfassenden Einblick geben, wie Leben funktioniert und wie Krankheiten zustande kommen. Denn viele Erkrankungen lassen sich an falschen Strukturen und Interaktionen von Proteinen festmachen. Um den richtigen Ansatz für neue Medikamente zu finden, hilft es, diese Fehler zu kennen. Dafür wird unsere Technologie eine wichtige Rolle spielen. 

Der Weg dorthin ist ein sehr langer. Doch unsere Technologie ist bereits jetzt bedeutsam, um eine ganze Reihe wichtiger Fragestellungen gemeinsam mit Kollegen anzugehen. Wir testen so unsere Werkzeuge im Forschungsalltag und helfen gleichzeitig, die Grenzen des biologischen und medizinischen Wissens zu verschieben.

Die Komplexität des Lebens bereitet mir keine Kopfschmerzen. Irgendwann als Kind ist mir klar geworden, dass man die Unendlichkeit des Universums nicht begreifen kann, man kann nur in diesem Raum leben und ihn erkunden. Dieses Erkunden macht mir sehr viel Spaß. Dass ich nie in der Lage sein werde, das Leben komplett molekular zu verstehen, fällt in den Bereich der Unendlichkeit.

Protokoll: Mirco Lomoth