David Mooney

David Mooney schaut der Natur in die Karten: Der Bioingenieur von der Harvard School of Engineering and Applied Sciences untersucht, wie die Zellen von Säugetieren auf die Signale ihrer Umgebung reagieren. Auf dieser Grundlage entwickelt der Professor für Zell- und Gewebetechnologie neuartige Biomaterialien. Als Einstein Visiting Fellow an der Berlin Brandenburg School for Regenerative Therapies konnte er wichtige Impulse im Bereich der Biotechnik, der Immunologie und der Therapie von Erkrankungen der Haltungs- und Bewegungsorgane geben. 

 


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»Biomaterialien statt Implantate«

Die Medizin zeichnet sich seit jeher durch recht brachiale Eingriffe in unseren Körper aus. Selbst bei lokal begrenzten Verletzungen oder Erkrankungen behandeln wir meist den ganzen Körper. Mit Bioengineering können wir das betroffene Gewebe oder Organ präzise ansteuern. So entwickeln wir gerade Verfahren, um mithilfe von Biomaterialien – im Wesentlichen sind das Plastikmaterialien – Stammzellen zielgenau an die betroffene Stelle im Körper zu transportieren, um sie zu reparieren. Für die Behandlung von Knochen experimentieren wir mit Biomaterialien, die sogar die Fähigkeit besitzen, im Körper bereits vorhandene Zellen zu „rekrutieren“, also an sich zu binden, und dorthin zu bringen, wo Knochengewebe ersetzt werden muss. Zeitpunkt, Ort und Dauer solcher Eingriffe können wir genau kontrollieren. Bioengineering gibt uns also ein Mehr an zeitlicher und räumlicher Kontrolle.

Unsere Biomaterialien sind biologisch abbaubar, sie sollen nur so lange im Körper bleiben, wie sie gebraucht werden. Um die Zellen im Körper zu „dirigieren“, müssen sie zudem kommunizieren können. Das erreichen wir auf chemischem Weg, indem wir sie Medikamente oder Moleküle ausschütten lassen, die sich an Zellen binden und deren Funktion verändern. Oder auf mechanischem Wege, denn die Zellen reagieren auch auf die Festigkeit des Materials.

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Medizin von der Symptombekämpfung und der Verwendung einfacher Implantate abwenden wird. Stattdessen werden wir in der Lage sein, den Organismus zur Gewebeerneuerung zu veranlassen. Das wird eine Veränderung von unvorstellbarer Tragweite sein.

Als ich mit dieser Forschung begann, war ich fasziniert von der Idee, Gewebe durch Zellen zu erneuern und wachsen zu lassen. Aber schon bei einem der ersten Tierversuche sind die meisten transplantierten Zellen abgestorben. Nach dieser Enttäuschung kam mir allmählich die Einsicht, es könnte aussichtsreicher sein, körpereigene Zellen zu „trainieren“, anstatt Zellen zu transplantieren. Insofern hat mir dieser Rückschlag den Weg gewiesen.

Ernüchternd waren auch unsere ersten Schritte bei der Forschung an einem Impfstoff gegen Krebs. Es stellte sich heraus, dass wir damit das Wachstum der Tumoren noch beschleunigten. Doch wenn wir etwas verschlimmern können, können wir es vielleicht auch irgendwann verbessern. Ich habe mit der Zeit begriffen, dass eine negative Wirkung immer noch besser ist als gar keine. Denn das heißt auch: Wir haben Einfluss.