Was können wir von Hyänen über Bevölkerungsentwicklung lernen?
Antwort von Sarah Benhaiem
Tüpfelhyänen sind ein gutes Modell für die Untersuchung von Fragen der Demografie, weil sie – ähnlich wie Menschen – eine Spezies mit einer slow life history sind: Selbst in der Wildnis leben sie bis zu 20 Jahre und produzieren kleine Würfe, die bis zu 20 Monate gestillt werden. Zudem sind sie sozial komplex, das heißt: Soziale Prozesse prägen ihr Verhalten. Anders als viele menschlichen Gesellschaften leben Tüpfelhyänen jedoch in matrilinealen Gesellschaften und die Weibchen sind dominant.
Wir forschen seit 1987 an Tüpfelhyänen in einem Projekt in der Serengeti in Tansania. Diese Langzeitbeobachtung ermöglicht uns, die Auswirkungen von Störungen wie Epidemien auf einzelne Tiere, aber auch ganze Generationen zu untersuchen. Basis der Forschung sind Daten von Tieren, die fast täglich von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod beobachtet werden. Wir schauen auf die Größe der Clans oder das Geschlechterverhältnis, welches einen Einfluss haben kann auf das Überleben oder die Fortpflanzung. Die Wachstumsrate in den ersten Lebensjahren und die Überlebenschancen bis zum Erwachsenenalter nehmen zum Beispiel ab, wenn die Clans größer werden.
Eine Besonderheit bei Tüpfelhyänen ist der Effekt des sozialen Status auf demografische Parameter: Töchter und Söhne von hochrangigen Müttern leben ähnlich privilegiert wie sie selbst, bekommen mehr Beuteanteil und pflanzen sich früher fort als niedrigerrangige Tiere.
Parallelen zwischen Mensch und Tier lassen sich natürlich nicht eins zu eins ziehen. Die vergleichende Untersuchung der Demografie des Tierreichs ermöglicht es jedoch, wichtigen Forschungsfragen nachzugehen, wie zum Beispiel den evolutionären Wurzeln der außergewöhnlich langen menschlichen Lebensspanne.
Expertin
Sarah Benhaiem ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Co-Leiterin des Serengeti-Tüpfelhyänen-Projekts am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Ihr Fokus liegt auf Fragen der Verhaltensökologie, der Ökologie und des Naturschutzes.
März 2025