Gesundheit mitdenken!

Ein Beitrag aus ALBERT Nr. 9 "Wasser"

Wasser ist die Voraussetzung für das Wohlergehen von Mensch, Tier und Natur. Doch weltweit wird es immer knapper. Es braucht politische Strategien, die einen sorgsamen Umgang mit dieser kostbareren Ressource fördern und Gesundheit für alle innerhalb planetarer Grenzen mitdenken.

Ein Plädoyer von Maike Voss und Lena Tischler


Spätestens seit dem letzten Dürresommer mit den Bildern des vertrockneten Rheins muss allen klar sein, dass Wasserknappheit längst nicht mehr nur ein Problem des globalen Südens ist, sondern auch wir in Deutschland von der globalen Wasserkrise samt ihrer Gesundheitsrisiken betroffen sind – und zwar bereits weit mehr, als manche:r vielleicht gehofft hatte. 

Die Ursachen sind vielfältig. Einerseits verbraucht eine steigende Anzahl von Menschen eine immer größere Menge an Wasser: Die wachsende Weltbevölkerung, ihr verändertes Konsumverhalten und der damit einhergehende steigende Wasserverbrauch zur Produktion von Gütern und Nahrungsmitteln verstärken die globale Wasserknappheit. Die Feuchtgebiete der Welt verschwinden derzeit drei Mal schneller als Wälder. Dazu verschärft die planetare Dreifachkrise – Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Verschmutzungskrise – die Situation: Da der Klimawandel den Wasserkreislauf verändert, leiden viele Gebiete, wie auch Berlin-Brandenburg, zunehmend unter Wasserknappheit, während andere von Überschwemmungen mit verheerenden Folgen getroffen werden. Gleichzeitig trägt der Verlust der Biodiversität zu einer Verschlechterung der Wasserqualität bei, die ihrerseits wieder den Rückgang der Artenvielfalt beschleunigt. Dazu gelangen pro Jahr bis zu 400 Millionen Tonnen Schadstoffe in Seen, Flüsse und Meere und werden nicht nur für Meeresbewohner:innen, sondern auch für uns Menschen zu einer zunehmenden Gesundheitsgefahr. 

Vor diesem Hintergrund ist eine erhöhte gesundheitspolitische Aufmerksamkeit für das Thema Wasser dringend notwendig. Das Konzept der planetaren Gesundheit kann dafür sehr hilfreich sein. Es beschreibt die Zusammenhänge zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen und umfasst ein transdisziplinäres, systemisches Verständnis der Einflüsse auf und Bedingungen für die Gesundheit der Menschen heute und in der Zukunft. Denn die Umwelt kann ohne uns – wir aber nicht ohne sie. 

Derzeit verändern wir Menschen die Wasserkreisläufe weit massiver, als die Erde es während des Holozäns über mehrere Tausend Jahre erlebt hat – mit großen Risiken für die Gesundheit und das Wohlergehen. Politische Entscheidungstragende sind daher dringend gefordert, Wasser als Ressource von höchster Bedeutung für die planetare Gesundheit anzuerkennen und Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass sauberes Wasser auch zukünftig für alle Bürger:innen zugänglich und bezahlbar ist, Einträge in die Umwelt minimiert werden und eine nachhaltige Wasserwirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen gefördert wird.

Hierfür braucht es sektorübergreifende Zusammenarbeit und sogenannte „Mehrgewinn-Politikinstrumente“, um zu vermeiden, dass die Wasserkrise immer mehr zu einer Gesundheitskrise wird. Es sind dringend strengere Regularien für die Einleitung industriellen Abwassers in Gewässer sowie flächendeckende Umweltverträglichkeitsprüfungen für Chemikalien erforderlich, etwa in der Herstellung und den Lieferketten von Arzneimitteln. Aber auch die Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft und eine deutliche Verringerung der Tierzahlen, die Renaturierung von Landschaften sowie die Entsiegelung von Städten sind essenzielle Maßnahmen, die die Verfügbarkeit von Wasser sichern, die planetaren Krisen sowie ihre massiven Folgen eindämmen und so die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen fördern. 

Expert:in

Maike Voss war bis Juni 2024 Geschäftsführende Direktorin am Centre for Planetary Health Policy (CPHP), Lena Tischler Referentin der Geschäftsführung. Die Denkfabrik wurde 2021 von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit initiiert, um die wissenschaftliche Politikberatung zu Gesundheit und globalen Umweltveränderungen zu stärken.

März 2024