Mit Hilfe der Einstein-Stiftung gelang es einen der renommiertesten RAS-Forscher aus den USA als Fellow an die Charité zu holen. Prof. Channing J. Der, Universität von Nord-Karolina (UNC) in Chapel Hill, hat in seiner Zeit als junger Postdoktorand am Dana Farber-Krebsinstitut in Boston erstmals RAS Gene kloniert. Seither erforscht er an der UNC die Molekularbiologie der RAS Gen Familie. Er wurde zum meist zitierten Autor auf diesem Gebiet.
Krebsgene der RAS Familie, ursprünglich benannt nach Sarkom-erzeugenden Krebsviren, spielen in zahlreichen menschlichen Tumoren eine entscheidende Rolle als Treiber der bösartigen Erkrankung, insbesondere bei Pankreas- und Kolontumoren. Heute stehen zwar Wirkstoffe zur Verfügung, die entweder RAS Proteine selbst oder das RAS-abhängige zelluläre Signalsystem blockieren. Jedoch werden die Tumorzellen häufig und relativ rasch behandlungsresistent. Es gilt die Resistenzmechanismen zu erforschen, um neue Therapieansätze bei fortgeschrittenen Tumoren zu finden.
Als Gastlabor für den Fellow steht die Arbeitsgruppe um Frau Professorin Christine Sers am Institut für Pathologie bereit. Die Gruppe zählt zu den wenigen in Deutschland, die seit vielen Jahren RAS Proteine und ihre Wirkung in Tumoren systematisch untersuchen. Während Professor Der schwerpunktmäßig das Pankreaskarzinom mit einer 95% Häufigkeit von KRAS-Mutationen untersucht, arbeitet das Gastlabor vorzugsweise an Darmtumoren, welche etwa zur Hälfte ähnliche Mutationen tragen. Die Arbeiten des Fellows und des Gastlabors ergänzen sich daher auf ideale Weise, zumal die gemeinsamen Arbeiten von der starken Motivation getragen werden, die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung zu translatieren, d.h. in die klinische Anwendung zu bringen. Es werden modernste Versuchskonzepte und Methoden in die gemeinsame Forschung eingebracht, zum Beispiel die Verwendung der CRISPR/Cas Technologie zur Entdeckung von Verwundbarkeiten therapieresistenter Tumorzellen und von Tumorpatienten ableitete Organoide.
Nach drei Jahren der Förderung durch die Stiftung legen die Kooperationspartner mehrere Publikationen vor: Zwei der Arbeiten beschreiben die molekularen Grundlagen für zielgerichtete Kombinationstherapien bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. Der bekannte Wirkstoff Palbociclib kompensiert in Tumorzellen den häufigen Verlust eines wichtigen Proteins, das normalerweise bösartiges Wachstum unterdrückt. Jedoch aktivieren Tumorzellen unter Therapie einen RAS-abhängigen wachstumsfördernden Signalweg. Die Arbeit zeigt, dass die gleichzeitige Hemmung dieses Signalwegs zusammen mit Palbociclib die therapeutische Wirkung verstärkt. Die Kombinationstherapie wird derzeit in einer klinischen Studie an Patienten erprobt.
Die zweite Arbeit beschreibt das Prinzip der sogenannten vertikalen Hemmung als neuem Typ der Signalwegblockade. Es war bekannt, dass ein einzelner Wirkstoff zu einer unerwünschten Reaktivierung weiterer Moleküle im gleichen Signalweg aufgrund von Rückkoppelung führt und wiederum Resistenz verursacht wird. Dieser Effekt wird neutralisiert, wenn gleichzeitig ein zweiter Wirkstoff, der an einer anderen Position der Signalkette eingreift, angewendet wird. Der große Vorteil dieser Kombinationstherapie besteht darin, dass die Wirkstoffkonzentrationen reduziert werden können. So werden schwerwiegende Nebenwirkungen der Therapie reduziert oder gar vermieden. Die dritte Arbeit beschreibt ein noch wenig untersuchtes Gen, das beim Darmkrebs eine Rolle als Krebstreiber spielt. Die genaue Kenntnis des Gens und seines Proteinprodukts sind erforderlich, um zukünftig therapeutisch wirksame Inhibitoren zu finden.
Darüber hinaus sind frühere bahnbrechende Arbeiten des BIH Einstein Visiting Fellows Professor Channing Der Grundlage für die zurzeit von der molekularen Tumorkonferenz am onkologischen Zentrum der Charité regelmäßig empfohlene Kombinationstherapie bei Pankreaskarzinompatienten ohne weitere Therapieoptionen.