Die Historikerin und Byzantismusforscherin Ida Toth lehrt an der Faculty of History und der Faculty of Classics der University of Oxford. Im Fokus des Projekts “The Seven Sages of Rome Revisited: Striving for an Alternative Literary History”, das sie zusammen mit Jutta Eming an der FU Berlin durchführen wird, steht der Stoff der „Seven Sages of Rome“. Dieser war in Gestalt von über 100 Manuskripten vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert in unterschiedlichen Varianten in Europa und dem Nahen Osten weit verbreitet und ist damit ein einzigartiges Objekt für die Erforschung eines Erzählkomplexes aus globaler Perspektive. Insbesondere interessieren sich Ida Toth und Jutta Eming dafür, wie zentrale Motive des Stoffes – Weisheit, Macht und Geschlechterrollen – sich in kulturübergreifenden Anverwandlungen und Rezeptionen verändern.
Die Abbildung zeigt eine Illustration zur Binnenerzählung Canis aus der Handschrift von Donaueschingen 145 (um 1452). In der Erzählung geht es um den treuen Hund eines Herrschers, der in einem unbeachteten Moment den kleinen Sohn seines Herrn in der Wiege vor einer Schlange rettet, indem er diese totbeißt. Die dabei umkippende Wiege und das vergossene Blut vermitteln aber gerade den fälschlichen Eindruck, der Hund habe das Kind getötet. Daraufhin wird der Hund von seinem hinzu eilenden Herrn selbst umgebracht. Erst danach wird die Wiege gehoben, das Kind kommt lebend zum Vorschein und der Herrscher erkennt seinen Fehler, den er sich nicht mehr verzeihen kann. Er beschließt sein Leben als Eremit. Geschichten wie diese um treue companion animals, welche sich oft vorbildlicher als die menschlichen Protagonist:innen verhalten, sind für den Erzählzyklus der Seven Sages typisch.