Für die Wissenschaft. Für Berlin.

Tobias Kümmerle

Der globale Artenverlust ist alarmierend, weil Ökosysteme dadurch viele ihrer Funktionen einbüßen. Eine der größten Bedrohungen der Artenvielfalt stellt der Landnutzungswandel dar. Als Einstein Junior Fellow untersucht der Umweltwissenschaftler Tobias Kümmerle vom Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin, welche Auswirkungen verschiedene Landnutzungsszenarien auf die Artenvielfalt haben. Insbesondere interessiert ihn wie Landschaften aussehen, die den Artenschutz und die Landwirtschaft in Einklang bringen.

»Ich weigere mich, pessimistisch zu sein«

Es ist schon interessant, dass ich mich heute mit Themen beschäftige, die schon sehr lange meine Leidenschaft sind. Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und soweit ich zurückdenken kann, habe ich mich gerne im Wald herumgetrieben, Frösche gefangen und Heinz Sielmanns „Expeditionen ins Tierreich” geschaut. Schon seit meiner Jugend habe ich mich für den Naturschutz engagiert, heute versuche ich jedoch einen neutralen Blick zu bewahren. Zwar mache ich mir große Sorgen über den weltweiten Artenverlust, aber gleichzeitig stellen Prozesse wie die Landwirtschaft, die zu Artenverlust führen, für die Menschheit essenzielle Güter zur Verfügung. Wichtig ist es, eine gute Balance zu finden. Als Wissenschaftler möchte ich Erkenntnisse gewinnen, die Entscheidungsträgern und gesellschaftlichen Akteuren helfen, in dieser Beziehung bessere Beschlüsse zu fassen.


Ich finde es erstaunlich, wie wenig über entscheidende Mensch-Umwelt-Zusammenhänge bekannt ist. Wenn wir in Europa beschließen, intensive Landwirtschaft weniger stark zu fördern, der Konsum von Agrarprodukten aber gleich bleibt oder zunimmt, dann bedeutet das auch, dass in Brasilien, Argentinien oder Paraguay die Entwaldungsraten steigen, weil wir zum Beispiel mehr Soja für Tierfutter importieren müssen. Im Rahmen eines von der Einstein Stiftung geförderten Projekts untersuchen wir daher auf globaler Ebene, wie sich Expansions- und Intensivierungsprozesse in der Landwirtschaft auf die Artenvielfalt in verschiedenen Weltregionen auswirken. Wissen über solche Rückkopplungseffekte ist entscheidend, um unsere Ressourcennutzung mit dem Schutz von Ökosystemen in Einklang zu bringen.

Wenn man mit Leuten spricht, die schon länger in der Naturschutzbiologie tätig sind, trifft man nicht gerade viele Optimisten. Der Druck auf die Ökosysteme wird seit Jahrzehnten immer stärker und dadurch auch der Verlust von Arten und einzigartigen Landschaften. Gleichzeitig zeigt sich, dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, um Ressourcennutzung und Naturschutz besser miteinander in Einklang zu bringen. Insbesondere seit ich zwei Kinder habe, weigere ich mich, pessimistisch zu sein, auch wenn wir eine viel fundamentalere Gesellschaftstransformation brauchen, als sie im Moment möglich erscheint. Mit meiner Forschung möchte ich dazu beitragen, dass wir die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Artenvielfalt besser verstehen und so Wege zu einer nachhaltigen Welt finden. Ich bin überzeugt, dass wir diese Transformation schaffen können.

 

 

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