Schlaganfall ist nicht nur eine der häufigsten Todesursachen, sondern auch die häufigste Ursache für dauerhafte schwere körperliche und teilweise kognitive Behinderungen. Die Hirnschädigung löst eine zweiteilige Immunreaktion aus, die zu einer lokalen Entzündung im zentralen Nervensystem (Neuroinflammation) bei gleichzeitiger Schwächung des peripheren Immunsystems führt. Die Neuroinflammation kann schädliche Folgen haben, sich aber auch positiv auf die Regeneration auswirken. Eine periphere Immundepression kann zu einer Schwächung der Immunabwehr des Körpers und damit lebensbedrohlichen Infektionen führen, insbesondere zu bakteriellen Lungenentzündungen. Diese wiederum können autoreaktive Prozesse gegen Eiweiße des Gehirns auslösen und sich so verstärkend auf die Neuroinflammation auswirken.

Das bessere Verständnis der molekularen Prozesse der Immunregulation, die nach einem Schlaganfall im Körper ablaufen, soll helfen innovative Therapieansätze zu entwickeln. Das Einstein-Projekt fokussierte sich dabei auf kleine RNA-Moleküle, die zentrale Regulatoren von Entzündungsprozessen im Gehirn und in der Körperperipherie sein können. Das Projekt baute auf Vorarbeiten der beiden beteiligten Forschergruppen auf, die für eine wichtige Rolle der cholinergen Signalübertragung bei der Dysregulation der Gehirn-Körper-Kommunikation sprechen.

Die Grundhypothese des Projektes war, dass spezifische microRNAs (genannt CholinomiRs) über die Kontrolle cholinerger Gene einen regulierenden Einfluss auf lokale und systemische Immunantworten nach Schlaganfall haben. Mit Hilfe experimenteller Modelle und klinischer Proben von Schlaganfallpatienten konnten wir nachweisen, dass in der Tat kleine RNA-Moleküle eine wichtige Rolle in der Immunregulation nach akutem Schlaganfall einnehmen. Dabei kommt es zu einer Verschiebung des Gleichgewichts zweier Subtypen kleiner RNA-Moleküle in Monozyten. Während die microRNA-Spiegel massiv reduziert werden, steigen sogenannte Transfer-RNA-Fragmente (tRFs), die die cholinerge Genregulation beeinflussen, stark an. Die „Wachablösung“ zwischen diesen kleinen RNA-Subtypen beeinflusst die Homöostase der Immunreaktionen nach einem Schlaganfall. Die Identifikation der betroffene Signalwege eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Therapeutika und Biomarkern auf der Protein- und RNA-Ebene.