Ziel des Philologischen Laboratoriums war es, neue Formen des Sprechens und Schreibens über Literatur zu ermöglichen, die nicht durch die vorherrschenden Modelle der Literaturkritik bestimmt sind. Wie weit sind wir gekommen? Es gibt viele greifbare Ergebnisse, auf die wir verweisen können: Kolloquien, Workshops und Konferenzen, unzählige Vorträge und Diskussionen, Artikel, Bücher.
Von Anfang an war uns, den Mitgliedern der Forschungsgruppe, klar, dass das Philologische Laboratorium nur dann eine Chance auf Erfolg haben kann, wenn wir ein weites Netz auswerfen. Untergebracht in der FriedrichSchlegel-Schule für literaturwissenschaftliche Studien an der Freien Universität, war unsere erste Anlaufstelle naturgemäß die Wissenschaft. Doch auch hier haben wir darauf geachtet, einen engen Fokus zu vermeiden: Wir haben sowohl Studenten als auch etablierte Wissenschaftler angesprochen, und wir haben sowohl Forscher zeitgenössischer Literatur als auch Philologen des griechischen und lateinischen Altertums aufgesucht. (Unser erster Workshop fand gemeinsam mit einer Gruppe von Klassizisten statt.) Da unser Ziel darin bestand, das Poetische mit dem Kritischen zu verbinden, konnten wir uns nicht auf den akademischen Diskurs und die wissenschaftliche Praxis beschränken. Wir brachten Gelehrte, Kritiker, Schriftsteller und Dichter miteinander ins Gespräch. Wir haben Dichter und Schriftsteller eingeladen, kritisch zu denken, und Kritiker und Wissenschaftler, poetisch zu schreiben. Wir ermutigten sie, sich auf das Terrain des anderen zu wagen, Grenzen zu überschreiten und mit neuen Darstellungsformen zu experimentieren.
Um die größtmögliche Wirkung zu erzielen, haben wir verschiedene Formate entwickelt, in denen wir diese Arbeit entfalten konnten. Die begrifflichen Grundlagen von Kritik und kritischen Praktiken wurden in semesterlangen Kolloquien untersucht, die Doktoranden, Post-Docs und erfahrene Wissenschaftler zusammenbrachten. Wir boten ganztägige Workshops an, in denen Gastdozenten die Studierenden aufforderten, neue Formen der Präsentation von akademischer Forschung zu entwickeln. Wir luden Dichter und Schriftsteller ein, über ihre eigene kritische Praxis öffentlich nachzudenken. Wir forderten Wissenschaftler auf, dem Konzept der poetischen Kritik im Rahmen einer internationalen Konferenz Gestalt zu geben, was zu einem wegweisenden Band führte. Wir baten zwei Dutzend Schriftsteller unterschiedlichster Prägung und Temperament, die verborgene Energie in altbekannten Begriffen der Literaturkritik aufzudecken und ihre Gedanken in kurzen Essays zu bündeln, die in einem Buch erschienen sind. Dann ist da noch unsere eigene Arbeit: unsere Vorträge, Artikel und Monographien.
Über unsere unmittelbaren Aktivitäten hinaus liegt aber die wahre Wirkung dieses Projekts in dem, was unsere Arbeit anderen ermöglicht, in den Handlungsmöglichkeiten, die eröffnet werden, den Schreib- und Sprechweisen, die noch zu entdecken sind. Wir haben kaum mehr getan, als einige Samen zu pflanzen. Welche Früchte sie tragen werden, wird sich noch zeigen müssen.