Der Mikrobiologe Robert Burnap entschlüsselt die Mechanismen eines der grundlegensten Prozesse des Lebens auf der Erde: Die Photosynthese. Der Einstein Visiting Fellow studiert die molekularen Maschinen, die die Photosynthese antreiben – und nutzt deren Mechanismen als Blaupause für künstliche Katalysatoren, um die solaren Kraftstoffe der Zukunft zu produzieren.
Wenn ich an Photosynthese denke, sehe ich einen grünen Baum voller Leben an seinen Ästen. Vor drei Milliarden Jahren, als sich die Photosynthese aus den Wurzeln dieses Baumes heraus entwickelte, explodierte sein Wachstum und brachte die Vielfalt und den Reichtum des Lebens auf diesem Planeten hervor. Davor gab es auf der Erde keinen Sauerstoff und nur eine primitive Form von Photosynthese. Diese Art der anoxygenen Photosynthese existiert auch heute noch, zum Beispiel in Bakterien, die Photosynthese mit Hilfe von Lichtenergie betreiben, ohne dabei Sauerstoff freizusetzen. Solche Organismen waren die Vorläufer der „modernen“ Sauerstoff produzierenden Photosynthese. Erst als die Sauerstoffproduktion durch Wasserspaltung möglich wurde, explodierte die Biomasse regelrecht.
Man kann sich keinen wichtigeren Prozess vorstellen als die Photosynthese. Alles, vom Sauerstoff, den wir atmen, über die Nahrung, die wir zu uns nehmen, bis hin zu den fossilen Brennstoffen, die in der Erde lagern, geht aus ihr hevor. Jedes einzelne Kohlenstoffatom in unserem Körper hat irgendwann einmal den Mechanismus der Photosynthese durchlaufen. Im Grunde sind wir das Ergebnis einer Verkettung von Verbrauchsprozessen, die auf diesen fundamentalen Mechanismus folgen.
Wir verstehen noch nicht vollständig, wie sich die molekulare Maschine, die die Photosynthese antreibt, entwickelt hat und wie sich ihr Katalysator zusammengesetzt hat. Aber es zeigt sich, dass der Zusammenbau des heute existierenden Photosynthese-Katalysators durch einen Prozess erfolgt, der, wie die Photosynthese selbst, durch Licht angetrieben wird. Das Projekt, das ich mit Holger Dau an der Freien Universität Berlin realisiere, verfolgt diese Hypothese. Wir haben gezeigt, dass die anoxygene Photosynthese Metalle verwendet, die auch den „modernen“ Photosynthesekatalysator ausmachen, wenn auch in vereinfachter Form. Der uralte molekulare Mechanismus nutzte Mangan aus der Umwelt als Ressource und baute sich im Laufe der Zeit so um, dass er stattdessen Wasser nutzen konnte. Die Natur lernte also, Mangan zu verwenden, um die Energiegewinnung aus Licht mit der Aufspaltung von Wasser zu koppeln und so energiereiche Kohlenstoffverbindungen zu erzeugen. Das ermöglichte die Enstehung der Biomasse.
Das Verständnis der Konstruktionsprinzipien natürlicher Katalysatoren kann uns Blaupausen für künstliche Katalysatoren liefern. Um diese zu entwickeln, kombinieren wir Molekulargenetik mit biophysikalischen Instrumenten und Computermodellen. Im Wesentlichen programmieren wir den genetischen Code der molekularen Maschinen um und beobachten, wie sich ihre Funktionsweise ändert. Dann modellieren wir sie, um zu verstehen, wie alles zusammenpasst. Wir hoffen auf diese Weise die hocheffiziente Solarmaschine der Pflanzen nachzuahmen, um in Zukunft solare Kraftstoffe herzustellen und unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu mindern.
Das Dau-Labor ist wirklich ein Pionier in der Entwicklung der künstlichen Wasserspaltung und einer der Gründe, warum es mich nach Berlin gezogen hat. Wir wollen Wasserstoff herstellen, indem wir die Wasserspaltungsreaktion in einem künstlichen Katalysator nachahmen. Aber Wasserstoff aus dem Sauerstoff des Wassers zu gewinnen, ist chemisch wirklich schwierig, weil Wasser eine sehr stabile Verbindung ist. Es braucht viel Energie, um das zu tun. Doch wenn wir dieses technische Problem lösen können, wird die künstliche Photosynthese dazu beitragen, unsere Auswirkungen auf die Umwelt gering zu halten – und den Baums des Lebens weiter gedeihen zu lassen.
Aufgezeichnet von Mirco Lomoth